Bereits in der demokratischen Weimarer Republik war Gewalt gegen Juden alltäglich. Durch den Schock des verlorenen Krieges und der entschwundenen Monarchie traumatisiert, entlud sich der Haß auf seiten der alten Eliten und ihrer Gesinnungsgenossen entweder in Form eines "Radau-" oder "Pogromantisemitismus" oder aber als sogenannter "Vernunft-Antisemitismus" (von Rürup und Nipperdey eingeführter Begriff, der einen Antisemitismus meint, der im Gegensatz zum 'Radauantisemitismus' auf gewalttätige Ausschreitungen gegen Juden verzichtet, aber Strategien zur juristisch abgsicherten Entrechtung, Diskriminierung und auch Vertreibung der radikal gehassten Bevölkerungsgruppe entwarf). Die Übergänge waren fließend, und nicht nur die besonders verachteten "Ostjuden", sondern alle jüdischen Bürger mußten z. B. in München, dem Schwerpunkt von Walters Studien, schon Anfang der zwanziger Jahre ständig fürchten, Opfer rechtsextremer Übergriffe zu werden. So wurden während des Hitlerputsches im November 1923 Juden von SA-Kommandos und Freikorps gezielt als Geiseln genommen. Im gleichen Monat kam es auch im Berliner Scheunenviertel zu Plünderungen und Mißhandlungen der dort lebenden Juden. Schändungen von jüdischen Friedhöfen und Synagogen gehörten in den Folgejahren republikweit zur Tagesordnung. Die Justiz offenbarte eine erschreckende Akzeptanz dieser Verbrechen. Selbst die staatsbürgerliche Stellung der Juden stand in Teilen bereits vor 1933 (während der Präsidialregierung Papen) zur Disposition. Zu diesen Ergebnissen kommt die vorliegende detaillierte Studie, der, was die Quellenbasis betrifft, eine Auswertung der jüngst zur Einsicht freigegebenen Akten des "Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" (C. V.) im Moskauer "Sonderarchiv" zugrunde liegt.