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Jürgen Schreiber

Meine Jahre mit Joschka. Nachrichten von fetten und mageren Zeiten

Berlin: Econ 2007; 207 S.; geb,- 19,90 €; ISBN 978-3-430-30033-9
„Freunde waren wir nie“ (7), stellt der Journalist Schreiber eingangs gleich klar. Aber vielleicht stand er dem Grünen-Politiker Fischer zu nahe. So ließe sich die Enttäuschung über den vormaligen Hoffungsträger erklären. „Wie hatte Fischer es einst überhaupt geschafft, unsere Ideale und Wünsche mit seiner Person zu synchronisieren? [...] Wir hatten geglaubt, unsere Zukunftsängste seien gut aufgehoben. Längst frage ich mich: war die Hingabe an eine Idee falsch gewesen oder ihre Projektion auf Fischer?“ (15) Weder noch, möchte man dem Autor nach der Lektüre seines Buches zurufen. Denn wie sonst sollte ein Mensch beschaffen sein, dessen Karriere als militanter Frankfurter Straßenkämpfer begann und als Außenminister endete? Auch waren die Achtzigerjahre in Frankfurt am Main, so wie Schreiber sie schildert, eine spannende Zeit und sicher haben die Hausbesetzungen, die Proteste gegen die Startbahn West und schließlich der Einzug der Grünen in den Bundestag das Selbstverständnis der bundesrepublikanischen Gesellschaft auf den Prüfstand gestellt und verändert. Schreiber stellt diese Zeit nicht in Form einer konventionellen Biografie über den Politiker Fischer dar, sondern reflektiert über ihn als Person, außerdem sehr kurzweilig über das grüne Milieu und auch über die eigene Rolle als journalistischer Beobachter. Ergänzt wird diese Reportage mit Einschüben über die grünen Protagonisten Joseph Beuys (der herbe von seiner Partei enttäuscht wurde) und Rezzo Schlauch. Schreiber begleitete Fischer beim Kauf seiner Turnschuhe, in denen er 1985 als hessischer Umweltminister vereidigt wurde, und kontrastiert schließlich dessen Karriere mit dem Lebensweg des Terroristen Klein, bei dessen Prozess Fischer als Zeuge aussagte – wann genau dieser sein politisches Verständnis, das Gewalt gegenüber dem Staat nicht ausschloss, veränderte, findet Schreiber nicht heraus. Zu konstatieren sei nur eine „deprimierend vertraute Diagonalkarriere: flott von links unten nach rechts oben“ (176).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jürgen Schreiber: Meine Jahre mit Joschka. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9043-meine-jahre-mit-joschka_33525, veröffentlicht am 01.04.2008. Buch-Nr.: 33525 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken