Das Ziel dieser Analyse ist es, die materiellen Verluste abzuschätzen, die die Ukraine infolge der russischen Besetzung und Annexion der Krim im Februar/März 2014 sowie der militärischen Aggression Russlands in Teilen der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk seit 2014 erlitten hat. Diese beiden Fälle unterscheiden sich hinsichtlich der Form der militärischen Aggression deutlich voneinander, ebenso hinsichtlich der erlittenen Schäden und der Effizienz ihrer jeweiligen Verwaltungssysteme. Die Lebensverhältnisse in beiden Regionen sind schlecht, am schlechtesten im Donbass.
Nach Meinung des Rezensenten Johann Siemers werden in diesem Sammelband die drei Dimensionen der Ukrainekrise sehr gut zusammengefasst: Bei den Protesten auf dem Maidan 2013/14, dem Krieg in der Ostukraine und der russischen Annexion der Halbinsel Krim gehe es um die geopolitischen Interessen Russlands und des Westens, die politische Selbstbestimmung der Ukraine und um die Zukunft der europäischen Sicherheitsordnung. Momentan deute vieles darauf hin, dass der Konflikt in der Ukraine dauerhaft ungelöst bleibt.
Andreas Umland zeigt kritisch die Bereitschaft westeuropäischer Politiker auf, völkerrechtswidrige russische Positionen zu unterstützen oder zumindest zu tolerieren. Auf diese Weise habe das offizielle Narrativ des Kremls, die Annexion der Krim sei historisch gerechtfertigt gewesen, in den westlichen politischen Mainstream eindringen können. Allerdings gebe es Hinweise darauf, dass das im März 2014 von Russland auf der Krim organisierte „Referendum“ massiv gefälscht worden sei und keinesfalls eine überwältigende Mehrheit der Krimbewohner die „Wiedervereinigung“ mit Russland unterstützt habe. Auch fallen, wie Umland zeigt, die angeblich schwerwiegenden historischen Gründe für die Annexion bei näherer Betrachtung in sich zusammen.
Entgegen populärer Kremlmythen sei die Krim nicht in der russischen Nationalgeschichte tief verwurzelt, lautet die These von Andreas Umland. Seiner Prognose zufolge wird Russland daher immer weniger bereit sein, in einer Zeit, in der das Land zunehmend unter den Auswirkungen der Coronakrise leidet, knappe finanzielle Ressourcen zur Subventionierung der entlegenen Halbinsel aufzuwenden. Die einst populäre Eroberung der Schwarzmeerperle durch den Kreml sei nur ein vorübergehendes Phänomen. Größere Veränderungen der Geopolitik Osteuropas seien erst nach Putin zu erwarten.