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Club of Vienna (Hrsg.)

Arbeit: Wohl oder Übel? Diagnosen und Utopien

Wien: Mandelbaum Verlag 2015 (kritik & utopie); 169 S.; 15,- €; ISBN 978-3-85476-642-1
Zunächst war es die moderne Industrie mit ihren Maschinen, in der Gegenwart schließlich das Finanzkapital mit seiner Abhängigkeit von schnellen Profitsteigerungen – erst diese beiden Entwicklungen haben den Faktor Arbeit mit einem Zeitzwang versehen und ihn zugleich dem Wachstumsparadigma untergeordnet. Damit geraten wesentliche individuelle (und zugleich gesamtgesellschaftlich bedeutsame) Formen und Funktionen von Arbeit aus dem Blickfeld, insbesondere Fragen nach Glück, Wohlbefinden und Zufriedenheit. Diesen Fragen war eine Konferenz gewidmet, die der Club of Vienna im Mai 2014 veranstaltete und deren Beiträge dieser Band dokumentiert. In unterschiedlichen Zusammenhängen wird dabei die Funktion von Arbeit im Spannungsfeld zwischen ökonomischen Erfordernissen, gesellschaftlicher Organisation und individueller Lebensführung diskutiert. Inwiefern Erwerbsarbeit im Zentrum gesellschaftlicher Organisationsformen steht, wird nicht zuletzt am Beitrag von Hildegard Maria Nickel deutlich, die am Beispiel der Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zeigt, wie Herrschaftslogiken und Kämpfe um Deutungshoheit wesentlich auch über die Institution der Erwerbsarbeit ausgetragen werden. Angesichts der insgesamt sinkenden Abhängigkeit ökonomischer Wertschöpfung von Erwerbsarbeit einerseits und der damit verbundenen wachsenden sozialen Problemlagen andererseits stellt sich zudem seit einigen Jahren zunehmend die Frage nach Utopien, nach nachhaltigen Gesellschaftsentwürfen für die Zukunft. Dazu ist es zunächst notwendig, den Begriff der Arbeit zu hinterfragen – denn trotz jahrzehntelanger Diskussionen wird Arbeit heute immer noch mit Erwerbsarbeit gleichgesetzt, wie Manuela Vollmann zeigt. Und es ist zu vermuten, dass sich dies kaum ändern wird, solange das Recht auf individuelles Überleben weitgehend an die Bereitschaft geknüpft ist, einer (kapitalistisch organisierten) Erwerbsarbeit nachzugehen. Diese Problematik greifen Vorschläge für ein bedingungsloses Grundeinkommen auf, mit dessen möglichen individuellen und gesellschaftlichen Konsequenzen sich Theo Wehner und Sascha Liebermann in ihrem Beitrag beschäftigen. Erfreulicherweise wurde in den Band auch die vollständige Podiumsdiskussion zwischen Vertretern aus Wissenschaft und Praxis im Wortlaut aufgenommen. Hier wird deutlich, dass es Utopien in akademischen Wortmeldungen zwar wesentlich einfacher haben als in der politischen Praxis – aber auch, dass ein breiter gesellschaftlicher Diskurs über solche Utopien, der in alle Richtungen offen angelegt ist, unabdingbar ist.
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Rubrizierung: 2.22.2622.27 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Club of Vienna (Hrsg.): Arbeit: Wohl oder Übel? Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39720-arbeit-wohl-oder-uebel_46941, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 46941 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken