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Hendrik Sander

Auf dem Weg zum grünen Kapitalismus. Die Energiewende nach Fukushima

Berlin: Bertz und Fischer 2016; 322 S.; ISBN 978-3-86505-801-0
Politikwiss. Diss. Kassel; Begutachtung: C. Görg, U. Brand. – Seit der jüngsten Weltwirtschaftskrise werden vermehrt Konzepte vorgeschlagen, wie das kapitalistische System zu „restabilisieren“ oder zu „revitalisieren“ sei. Hendrik Sanders Interesse gilt den Strategien, die einen „Green New Deal“ beziehungsweise einen „grünen Kapitalismus“ (10) zum Ziel haben. Der Autor beschreibt den gesellschaftlichen Hintergrund seiner Untersuchung als multiple Krise, die das „Ergebnis der grundlegenden Krisenhaftigkeit des Neoliberalismus“ sei. Mit dem Neoliberalismus habe die „Bourgeoisie […] ihre Machtposition gegenüber den untergeordneten Klassen erheblich“ (9) ausbauen können. Auch die Umweltpolitik sei inzwischen an neoliberale Prinzipien adaptiert worden, konstatiert der Autor: Neue Geschäfts‑ und Profitmöglichkeiten würden aus dem Management der ökologischen Krise generiert werden. Mithilfe einer „historisch‑materialistischen Policy‑Analyse“ (51) will Sander am Fallbeispiel der deutschen Energiewende die gesellschaftlichen Bedingungen und Triebkräfte der ökologischen Modernisierung identifizieren, um auf dieser Basis das Potenzial eines grünen Kapitalismus zu untersuchen. Im deutschen „Merkelismus“ (oder auch „post‑demokratische[n] Bonapartismus“ bzw. „autoritären Etatismus“, 95) der vergangenen Jahre sieht er die Politik vor allem durch die „mächtigen Kapitalfraktionen“ (96) dominiert. Den durch die AKW‑Katastrophe in Fukushima bedingten Atomausstieg 2011 will der Autor nicht als Sieg progressiver Kräfte sehen. Er kritisiert, dass die Energiewende an den AKW‑Restlaufzeiten in der Summe kaum etwas verändert, den Ausbau erneuerbarer Energien zum Teil gebremst und vor allem „den Bedeutungsgewinn zentraler Technologien und großer Player“ (245) gefördert habe. Sander sieht in seinem Fazit „keine Kräfte im integralen Staat, die willens und in der Lage wären, eine Transformation in Richtung eines grünen Kapitalismus in der deutschen Energiewende anzuführen“ (263). Abschließend beschreibt er daher „Strategien für einen grünen Sozialismus“ (273). Der Politologe betont am Ende, dass er sich neben den wissenschaftlichen Kriterien in seiner Arbeit auch Zielen wie dem „grundlegenden sozialen, ökologischen und demokratischen Umbau der deutschen Energieversorgung sowie [… der] Entwicklung einer emanzipatorischen, postkapitalistischen Gesellschaft“ „parteilich“ (322) verpflichtet fühle. Gefördert wurde Sanders Arbeit durch Stipendien der Hans Böckler und der FAZIT‑Stiftung. Das Buch ist als erster Band der Reihe „Kritische Wissenschaft“ (1) erschienen.
{WDE}
Rubrizierung: 2.22.2612.2632.3412.3432.3 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Hendrik Sander: Auf dem Weg zum grünen Kapitalismus. Berlin: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40172-auf-dem-weg-zum-gruenen-kapitalismus_48484, veröffentlicht am 08.12.2016. Buch-Nr.: 48484 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken