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Clemens Richter

Collapsed States: Perspektiven nach dem Wegfall von Staatlichkeit. Zugleich ein Beitrag zu den Grundlagen des Selbstbestimmungsrechts der Völker und zur Struktur des völkerrechtlichen Staatsbegriffs

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Leipziger Schriften zum Völkerrecht, Europarecht und ausländischen öffentlichen Recht 19); 314 S.; 82,- €; ISBN 978-3-8329-6203-6
Rechtswiss. Diss. Leipzig; Begutachtung: M. Kotzur, R. Geiger. – Das politische Phänomen des Staatszerfalls stellt nicht nur die Politikwissenschaft vor eine ganze Reihe kategorialer Probleme. Auch das Völkerrecht ist vom Problem des Collapsed State betroffen, und zwar nicht nur in theoretischer Hinsicht, sondern mehr noch in Bezug auf die praktischen Fragen von Völkerrechtsschöpfung und Judikatur. Clemens Richter analysiert in einem groß angelegten Überblick das Problem. Der erste Teil – das ist in juristischen Qualifikationsschriften selten der Fall und umso erfreulicher – ist drei Fallbeispielen (Libanon, Somalia, Liberia und Sierra Leone) und einem begriffs- und theoriegeschichtlichen Durchgang der empirischen Seite der Fragestellung gewidmet. In den beiden folgenden Teilen werden dogmatische Probleme behandelt. Die zentrale Frage lautet, wie die Lücke, die der Collapsed State für das Völkerrecht darstellt, gefüllt werden kann. Diskutiert werden drei Lösungen: Die Lösung, das Territorium des zerfallenen Staates als terra nullius zu betrachten, erscheint nicht praktikabel. Die Fiktionslösung plädiert demgegenüber dafür, die für Staaten geltenden Völkerrechtsnormen analog auch auf den Nicht-Staat anzuwenden. Dabei würde aber das völkerrechtliche Prinzip der Staatengleichheit elementar verletzt, schreibt Richter, wenn etwa zerfallene Staaten, die nicht in der Lage sind, völkerrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen, mit Industriestaaten gleichgesetzt würden. Die Konstruktionslösung versucht die Lücke des Völkerrechts zu füllen, indem die Konstruktion eines Rechtsstatus aus den Grundprinzipien des Völkerrechts – insbesondere dem Selbstbestimmungsrecht des Volkes – angestrebt wird. Hier plädiert der Verfasser für eine umfassende völkerrechtliche Anerkennung der politischen „Autokreation des Volkes“ (289).
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.63 | 2.67 | 4.1 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Clemens Richter: Collapsed States: Perspektiven nach dem Wegfall von Staatlichkeit. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34106-collapsed-states-perspektiven-nach-dem-wegfall-von-staatlichkeit_40908, veröffentlicht am 27.01.2012. Buch-Nr.: 40908 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken