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Hilde Neidhardt

Das Bundesverfassungsgericht und sein Einfluss auf die Entwicklung der föderalen Finanzbeziehungen. Ein Beitrag zur politikwissenschaftlichen Betrachtung der Verfassungsgerichtsbarkeit

Würzburg: Ergon Verlag 2009 (Politikwissenschaftliche Theorie 5); 122 S.; kart., 19,- €; ISBN 978-3-89913-706-4
Politikwiss. Magisterarbeit Freiburg; Gutachterinnen: G. Riescher, I. Villinger. – Föderalismus bedeutet in der Bundesrepublik vor allem auch Finanzföderalismus und beim Streit um seine Gestaltung kommt im deutschen politischen System den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eine besondere Bedeutung zu. Unter dieser Voraussetzung setzt sich Neidhardt mit der These Fritz W. Scharpfs von der „Problemblindheit und bloßen Trendverstärkung des Bundesverfassungsgerichts“ (15) auseinander: Das Bundesverfassungsgericht wird sozusagen als Teil der Politikverflechtungsfalle gesehen. Neidhardt gibt zunächst einen Forschungs- und historischen Überblick (einschließlich theoretischer Bezüge zu Hans Kelsen), um insbesondere auch anhand der Arbeiten zum Gerichtshof der Europäischen Union und Supreme Court die politikwissenschaftliche Relevanz ihres Gegenstands herauszustellen. Das wäre in dieser Breite vielleicht gar nicht nötig gewesen, da dies in der deutschen politikwissenschaftlichen Literatur zum Bundesverfassungsgericht inzwischen hinlänglich bekannt ist, mag aber auch dem Qualifikationsvorhaben geschuldet sein. In der neoinstitutionalistischen Analyse und funktionellen Bewertung von sieben Entscheidungen im Zeitraum 1952 bis zum „Berlin-Urteil“ von 2006 „bestätigt [sich] die These Scharpfs von der Trendverstärkung“, schreibt die Autorin, allerdings mit „Ausnahme“ (99) der wichtigen „Maßstäbe-Entscheidung“ von 1999. In Abgrenzung zur These von Scharpf sieht Neidhardt das Bundesverfassungsgericht in den Finanzbeziehungen darüber hinaus auch politisch aktiver im Sinne eines „Schlichters“, „Katalysators“, mit „Erinnerungs-“ und „Rationalisierungsfunktion“, als eine Art „Hüter des Kompromisses“ (111). Vielleicht scheint diese Bewertung wiederum ein bisschen zu idealistisch und dann doch geprägt von den vermeintlich apolitischen juristischen Eigenbeschreibungen des Bundesverfassungsgerichts als neutraler Instanz von höherer, nicht interessensgeleiteter Rationalität.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.323 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Hilde Neidhardt: Das Bundesverfassungsgericht und sein Einfluss auf die Entwicklung der föderalen Finanzbeziehungen. Würzburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31834-das-bundesverfassungsgericht-und-sein-einfluss-auf-die-entwicklung-der-foederalen-finanzbeziehungen_37954, veröffentlicht am 28.01.2010. Buch-Nr.: 37954 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken