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Dominik Schieder

Das Phänomen der coup culture. Politische Konflikte auf den Fidschi-Inseln

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2012 (Quellen und Forschungen zur Südsee. Reihe B: Forschungen 5); XIV, 348 S.; brosch., 68,- €; ISBN 978-3-447-06615-0
Diss. Bayreuth; Begutachtung: T. Bargatzky, H. Mückler. – Fidschi erlebte vier Staatsstreiche innerhalb von zwei Jahrzehnten. Manche unterstellen dem Inselstaat deshalb eine Kultur des Umsturzes, eine coup culture. Dominik Schieder analysiert dieses Phänomen der häufigen coups d‘état (Staatsstreiche). Da das vorherrschende Bild Fidschis stark eurozentristisch verfälscht sei, will er in seiner strukturgeschichtlichen Untersuchung dabei eine indigene Perspektive einnehmen. Die Darstellung der fidschianischen Geschichte nimmt zwei Drittel seiner Arbeit ein. Ende des 17. Jahrhunderts hatten es die Pazifikinsulaner zunächst nur mit „Strandräuber[n], entflohene[n] Sträflinge[n] und gestrandete[n] Matrosen“ (32) aus Europa zu tun. 1874 wurden die Fidschi‑Inseln zur britischen Kronkolonie und einer der mächtigsten Häuptlinge, Cakobau, „entsandte als Zeichen seiner Zustimmung seine bedeutendste Kriegskeule an Königin Victoria“ (78). Die Queen ist seit der Unabhängigkeit 1970 nur noch symbolisches Staatsoberhaupt. Die Beschreibung der postkolonialen Zeit beschließt den ersten Teil des Buches. Im kurz geratenen zweiten Abschnitt stellt Schieder die prägenden Hauptfaktoren der coup culture vor: „ethnische Konflikte, traditionelle Rivalitäten, soziale Schichtung und Klassenkonflikte [sowie] individuelle Strategien zur Durchsetzung politischer Ziele“ (289). Ein offensichtlicher Grund für Instabilität seien die Spannungen zwischen den Fidschianer und den Indo‑Fidschianern. Die Briten hatten die indischen Arbeiter angesiedelt, heute dominierten ihre Nachkommen die Wirtschaft und die Fidschianer den Staat und das Militär. Die „ethnische Rhetorik“ sei allerdings oft ein „Täuschungsmittel“ (218), etwa um soziale Ungerechtigkeit zu verdecken. Eine weitere Ebene der coup culture seien die vorkolonialen Konfliktlinien der Häuptlingstümer. Diese beeinflussten bis heute die weitere Ebene der sozialen Konflikte. Klassenstrukturen seien aber „erst mit der europäischen Einflussnahme“ und zum „großen Teil den wirtschaftlichen Interessen der Krone“ (271) dienend entstanden. Neben den strukturellen Einflüssen hätten bestimmte Protagonisten mit ihren individuellen Biografien und Handlungsstrategien als vierter Hauptfaktor die Staatsstreiche entscheidend geprägt. Als einen Mehrwert seiner Arbeit sieht Schieder die Möglichkeit, anhand des fidschianischen „Mikrokosmos an sozialen Beziehungen und Konfliktebenen Lehren und Schlüsse zur Bewertung größere[r] Krisenherde[.] zu ziehen“ (297).
Wolfgang Denzler (WDE)
Diplom-Journalist, Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.66 | 2.22 | 2.23 | 2.21 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Dominik Schieder: Das Phänomen der coup culture. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35835-das-phaenomen-der-coup-culture_43669, veröffentlicht am 19.06.2013. Buch-Nr.: 43669 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken