Demokratie Lernen als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr- und Studienbuch
Wieder einmal wird eine umfassende Krise der politischen Bildung konstatiert und der Versuch unternommen, die Didaktik des Politikunterrichts, wenn nicht völlig neu zu erfinden, so doch wenigstens "vom Ansatz her systematisch neu" (5) zu denken. Die seit den 60er-Jahren entwickelten politikdidaktischen Entwürfe, so die Ausgangsthese des Autors, seien an einem formalen und außerordentlich schwer zu fassenden Politikbegriff orientiert, der im Mittelpunkt didaktischer Überlegungen und verschiedenster methodischer Orientierungen stehe und mehr Verwirrung und Beliebigkeit erzeuge, statt umsetzbare Zielstellungen zu formulieren. Als Alternativprojekt erarbeitet Himmelmann einen Demokratiebegriff, dessen drei Bedeutungsfelder politikdidaktischen und allgemeinpädagogischen Aufgabenbereichen zugeordnet werden: Demokratie als Lebensform zielt darauf, "Ich-Kompetenz" zu entwickeln (Mündigkeit, Selbstentwicklung etc.), als Gesellschaftsform befördert sie "soziale Kompetenz" (d. h. soziale Kooperation, Umgang mit dem Anderen) und als Herrschaftsform im engeren Sinne politisch-demokratische Kompetenz. Erst durch das Zusammenwirken aller drei Bereiche - nicht nur durch das Fach Sozial- oder Gemeinschaftskunde, sondern als grundlegende pädagogische Prinzipien für alle Schulstufen und Schularten - könne dem Bildungsanspruch zur "demokratie-kompetenten Bürgerschaftlichkeit" (267) Rechnung getragen werden. Dass dieses "völlig neue Modell" bereits seit einigen Jahren zentraler Bestandteil z. B. der Thüringer Lehrpläne ist, wird in der umfassenden Studie nicht erwähnt. Auch kommen die angekündigten methodischen und inhaltlichen Hilfestellungen für die Unterrichtsvorbereitung im "Lehr- und Studienbuch" etwas zu kurz und reduzieren sich im Wesentlichen auf einige Reflexionsfragen zu den einzelnen Kapiteln im Anhang. Schwerpunkt ist die systematische Herleitung der didaktischen Zielstellungen aus der Fachwissenschaft.