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Alex Demirović / Heike Walk (Hrsg.)

Demokratie und Governance. Kritische Perspektiven auf neue Formen politischer Herrschaft

Münster: Westfälisches Dampfboot 2011; 305 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-89691-872-7
Seit nunmehr Jahrzehnten wird von der Wissenschaft eine zunehmende Verschiebung von Government zu Governance beobachtet, sprich die Verlagerung von politischer Entscheidungsfindung und Politikausführung von formellen politischen Institutionen hin zu eher informellen und schwach institutionalisierten Gremien und Netzwerken. Sie wirft eine Reihe von bedeutsamen Fragen auf, die den Wandel des vorherrschenden Politikverständnisses und die Transformation repräsentativer Demokratie betreffen. Denn während auf der einen Seite etablierten Akteuren wie z. B. den Gewerkschaften zunehmend ihre gesamtgesellschaftliche Relevanz abgesprochen wird, werden auf der anderen Seite zivilgesellschaftliche Akteure wie NGOs fast selbstverständlich mit einem „demokratischen Surplus“ (10) bedacht. In dem Sammelband, der u. a. an ein dreisemestriges Kolloquium an der TU Berlin zum Thema Governance anknüpft, geht es um diese und andere Fragen aus der Perspektive der radikalen Demokratie. Die Beiträge decken insgesamt ein breites und interessantes Spektrum der Debatte ab. Eine Auswahl sei im Folgenden kurz vorgestellt: Detlef Sack und Bob Jessop diskutieren unterschiedliche theoretische Fragen des Governance-Begriffs. Alex Demirović widmet sich aus der Perspektive der materialistischen Staatstheorie dem Governance-Begriff und kommt zu dem Schluss, dass Governance „eine neue Form der passiven Revolution […], also eines systematischen Umbaus des Staates von oben her“ (103) bedeutet, wodurch Herrschaft u. a. flexibler wird. Während Birgit Sauer aus feministischer Sicht den Zugang zu den neuen Herrschaftsformen sucht, greift Heike Walk in ihrem Beitrag zur Klimapolitik das Konzept der partizipativen Governance auf. Franziska Wolff zeigt, dass in der Umweltpolitik kooperative Formen von Staatlichkeit zwar zunehmen, hierarchische Steuerungsmechanismen aber eher ergänzen als ersetzen. Freya Ostlinnig und Matthias Freise beschäftigen sich mit Governance auf EU-Ebene, die sie letztlich als „vielschichtiges und stark ausgestaltetes Beziehungsgeflecht unterschiedlicher politischer Ebenen“ (193) ohne konkretes Machtzentrum beschreiben. Den Abschluss bildet ein Beitrag von Ngai-Ling Sum, die sich mit dem Aufstieg des Wal-Mart-Konzerns und seiner Governance unter den Bedingungen von „neuem Konstitutionalismus“ und „neuem Ethizismus“ (279) auseinandersetzt.
Christoph Mohamad-Klotzbach (CHM)
M. A., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft und Sozialforschung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.22 | 2.27 | 2.32 | 2.325 | 2.331 | 2.341 | 3.4 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Christoph Mohamad-Klotzbach, Rezension zu: Alex Demirović / Heike Walk (Hrsg.): Demokratie und Governance. Münster: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33940-demokratie-und-governance_40680, veröffentlicht am 21.06.2012. Buch-Nr.: 40680 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken