Bereits bei seinem ersten Aufenthalt 1994 im Irak spürte der im Libanon geborene Sleiman die starke Melancholie, die über dem Land hing. Er vermutete ihre Ursache zunächst in der Repression, die von der Diktatur ausgeübt wurde. Als er im Jahr 2001 als Erzbischof von Bagdad in den Irak zurückkehrte, erkannte er, dass die Ursache noch tiefer lag und in der vom Paternalismus geprägten Mentalität des Landes zu suchen war. Saddam Hussein hatte genau in das ursprüngliche Ideal eines Stammesfürsten gepasst: „Verachtet und doch akzeptiert, gefürchtet und doch auch erwünscht, verkörperte das Regime die herrschende Kultur. Diese aber kennzeichnete eine Mischung aus religiösen Machstrukturen, kurzlebigen Strömungen der Moderne, Stammesdenken und unvermeidlichem Rückbezug auf das Volkshafte und Volkstümliche“ (12). Es sei die Folge dieses Stammesdenkens, dass sich der Mensch ständig als Gegenspieler der Natur und anderer Menschen verstehe. Unter einem autokratischen Regime wie dem Saddam Husseins erwachse daraus ein Gefühl existenzieller Ohnmacht, das sich in Melancholie äußere. Sleiman berichtet von Gewalttaten, die die irakische Zivilgesellschaft seit dem Krieg gleichzeitig hervorbringt und erleidet. In erster Linie wirft er aber der jetzigen Regierung vor, Terror und Verzweiflung zu säen. Dadurch bedingt sei das Land inzwischen unfähig, sich selbst zu heilen. Besonders betroffen von dieser Situation seien die tief im Land verwurzelten christlichen Gemeinden, deren Mitglieder aus Verzweiflung die Flucht ergriffen. Für Sleiman gleicht diese einem Ausbluten, das niemand stillen könne. Den von den Missständen besonders betroffenen christlichen Gemeinden gilt denn auch das Hauptaugenmerk des Erzbischofs, der mit seinem Buch vor allem dem Bedürfnis der Menschen entsprechen will, Genaueres über die Situation der christlichen Kirche im Irak zu erfahren.