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Ingo Seidner

Der freiwillige Dienst von Frauen in der Bundeswehr mit der Waffe als Gleichheitsproblem. Zum verfassungsrechtlichen Kontext von Art. 12 a Abs. 4 S. 2 GG

Aachen: Shaker Verlag 1997 (Berichte aus der Rechtswissenschaft); IX, 131 S.; 69,- DM; ISBN 3-8265-5572-4
Rechtswiss. Diss. Trier, Erstgutachter: G. Robbers. - Seidner stellt mit seiner Auslegung des Art. 12 a Abs. 4 Satz 2 GG jene überwiegende Literaturmeinung in Frage, nach welcher jener Satz "Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten" ein absolutes (also auch vom Willen der Betroffenen unabhängiges) Verbot für Frauen darstelle, in der Bundeswehr Waffendienst zu leisten. Nach einer Diskussion der verschiedenen Standpunkte unter Berücksichtigung gängiger Auslegungsmethoden, der ausführlichen Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Norm sowie der Einordnung in den Kontext internationaler Rechtsnormen kommt der Autor zu dem Ergebnis, daß die Norm "Frauen nicht den freiwilligen Dienst mit der Waffe [verbietet]" (110). Die Pointe der keineswegs an den Haaren herbeigezogenen Argumentation ist dabei, daß sich die Regelung des Satzes nur auf solche Frauen beziehe, die nach Art. 12 a Abs. 4 Satz 1 GG zum Sanitätsdienst zwangsverpflichtet wurden. Diese Frauen könne man nicht zum Dienst mit der Waffe verpflichten, hingegen bestehe nach dem GG kein Hinderungsgrund, Frauen freiwillig Waffendienst tun zu lassen. Unabhängig davon, wie man die verzweigten juristischen Ausführungen bewerten mag, verweist Seidners Studie gleichsam im Vorgriff auf eine überfällige politische Debatte. Überfällig ist diese nicht nur, weil Deutschland mit seinem (nach Seidner angeblichen) Verbot des freiwilligen Waffendienstes für Frauen inzwischen eine Ausnahme nicht nur im NATO-Vergleich darstellt, sondern auch, weil das Verbot in erster Linie mit heute kaum mehr sozial akzeptierten naturrechtlichen Vorstellungen vom "Wesen der Frau" begründet wurde, wie deutlich aus Seidners Dokumentation der Debatten um die Einführung der Regelung hervorgeht. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Politik dieses Restes von Paternalismus im Grundgesetz annimmt oder die Problematik wieder einmal der Jurisprudenz überläßt.
Michael Henkel (MH)
Priv.-Doz. DR., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.36 | 2.32 | 2.324 Empfohlene Zitierweise: Michael Henkel, Rezension zu: Ingo Seidner: Der freiwillige Dienst von Frauen in der Bundeswehr mit der Waffe als Gleichheitsproblem. Aachen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/4408-der-freiwillige-dienst-von-frauen-in-der-bundeswehr-mit-der-waffe-als-gleichheitsproblem_6191, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 6191 Rezension drucken