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Sebastian Dullien / Hansjörg Herr / Christian Kellermann

Der gute Kapitalismus. ... und was sich dafür nach der Krise ändern müsste

Bielefeld: transcript 2009 (xtexte); 243 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-8376-1346-9
Im Vorwort zu der von der Friedrich-Ebert-Stiftung geförderten Publikation betont Gesine Schwan, man dürfe nach der Weltfinanzkrise nicht alles beim Alten lassen. Der Deregulierungs- und Privatisierungsglaube, der durchaus auch mit sozialstaatlichen Fehlentwicklungen einhergegangen sei, habe fatale Konsequenzen gezeitigt: „Alle gesellschaftlichen Teilbereiche, Gesundheit, Kultur, Bildung und Wissenschaft, Politik, wurden nach dem Modell des ökonomischen Marktes strukturiert“ (9). Patienten, Studenten und Bürger wurden so zu Kunden. So entstand „im Weltmaßstab eine ‚bürgerliche Gesellschaft’ von Bourgeois, nicht von Citoyens“ (10). Auch das Autorentrio sieht in einem zu starken Rückzug des Staates eine der Ursachen der derzeitigen Krise. Es müsse, schreiben sie, zukünftig ein „guter Kapitalismus“ entwickelt werden, „dessen Grundausrichtung soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit auf einem hohen Wohlstandsniveau garantieren soll“ (15). Dafür dürfe die Politik nicht mehr nur einseitig den Export fördern, sondern müsse gezielt die inländische Nachfrage ankurbeln. Das zentrale Instrument dazu sehen die Autoren in der Lohnpolitik. Es sei bekannt, dass Bezieher hoher Einkommen relativ gesehen weniger konsumierten. Eine Nachfragewirkung erziele man also durch die Aufstockung niedriger Einkommen. Aber damit allein ist es ihrer Ansicht nach nicht getan, sie denken ganzheitlicher. Ein neues Bretton-Woods-System sei notwendig und die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft müssten verdoppelt werden. Die Autoren glauben, „dass es bei einer privatwirtschaftlichen Lösung zu einer zu niedrigen Bereitstellung dieser Güter kommt“ (180). Das Bankensystem brauche zudem einen starken öffentlichen Sektor mit Genossenschaftsbanken, ein Mindestlohn sei u. a. einzuführen oder die „Vergabe öffentlicher Aufträge an die Erfüllung von Mindeststandards bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu binden“ (219). Dullien, Herr und Kellermann legen Forderungen in ungeheurer Anzahl vor, dabei betonen sie dennoch die politische Emanzipationsfunktion von Marktwirtschaften und räumen zudem ein, dass sie die Hartz-IV-Reform für „grundsätzlich durchaus vertretbar“ (182) halten.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3 | 2.342 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Sebastian Dullien / Hansjörg Herr / Christian Kellermann: Der gute Kapitalismus. Bielefeld: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31549-der-gute-kapitalismus_37571, veröffentlicht am 26.07.2010. Buch-Nr.: 37571 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken