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Luciano Gallino

Der Klassenkampf nach dem Klassenkampf. Ein Gespräch mit Paola Borgna. Aus dem Italienischen von Andreas Rostek

Berlin: edition.fotoTAPETA 2013; 207 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-940524-21-8
In der gekürzten, nun auf Deutsch vorliegenden Fassung des 2012 erschienenen Buchs versucht der italienische Soziologe Luciano Gallino im Gespräch mit seiner Kollegin Paola Borgna nachzuweisen, dass – im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft – die gesellschaftlichen Klassen auch im 21. Jahrhundert noch existieren. Bereits eingangs ist der Frage nach der Existenz der gesellschaftlichen Klassen ein Kapitel gewidmet, an das sich neun weitere mit über 80 Fragen anschließen. Diese Struktur verleiht dem Buch einen beinahe lexikalischen Charakter und lässt es bisweilen wie die Rubik „Häufig gestellte Fragen“ zum Thema Klassen und Klassenkampf im 21. Jahrhundert wirken. Auch wenn die Leser dabei auf einen bisweilen gewundenen gedanklichen Pfad geschickt werden, bleibt zur Orientierung ein roter Faden: das Plädoyer, angesichts der Entwicklungen und Folgen der Finanzkrise zum Begriff der sozialen Klassen zurückzukehren. Dazu gehört nach Meinung Gallinos, die fortwährende Existenz eines Klassenkampfes anzuerkennen, der als „Klassenkampf nach dem Klassenkampf“ (so der Titel der deutschen Übersetzung) allerdings von oben nach unten geführt wird. Der Autor versteht dies als „Gegenoffensive der Sieger [des ersten Klassenkampfs] gegen die Arbeiterklasse und die Mittelschichten“ (116). Gallino kommt zu dem vor diesem Hintergrund paradoxen Ergebnis, dass die Arbeiterklasse weltweit so groß wie noch nie zuvor ist. Jedoch hat sie keine Instanz hervorgebracht, die ihre Interessen vertritt. Als ursächlich hierfür sieht er unter anderem die von ihm festgestellte „Verarmung der Politik“ (193) in Verbindung mit dem Phänomen der „[f]lexiblen Arbeit in einer [s]tarren Gesellschaft“ (155). Diese sei gekennzeichnet durch einen Mangel an Ideen und Begriffen zu ihrer zukünftigen Gestalt. Den Ausweg aus dieser Situation sieht Gallino in der Anerkennung der Fortexistenz sozialer Klassen, ihres Kampfes und der sich aus ihr ergebenen Rückkehr zu einer „Dialektik der Klassen“ (193). Letztere Aufforderung, mit der das Buch seinen Abschluss findet, kann somit auch als Antwort des Autors auf die zu Beginn des Buches aufgeworfene Frage verstanden werden.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Luciano Gallino: Der Klassenkampf nach dem Klassenkampf. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36703-der-klassenkampf-nach-dem-klassenkampf_44792, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 44792 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken