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Heinrich Siedentopf / Benedikt Speer

Deutschland und Frankreich in der europäischen Integration: 'Motor' oder 'Blockierer'? L'Allemagne et la France dans l'intégration européenne: 'moteur' ou 'frein'?

Berlin: Duncker & Humblot 2011 (Schriftenreihe der Hochschule Speyer 210); 198 S.; 74,- €; ISBN 978-3-428-13565-3
Die Aufarbeitung und Einschätzung der deutsch-französischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg ist ein von Höhen und Tiefen geprägter Prozess. Davon zeugen die in diesem Band versammelten Analysen, die unterschiedliche Qualität der Beiträge und nicht zuletzt der lange Zeitraum, der bis zum Erscheinen des Buches vergangen ist. Diese Präsentation der Ergebnisse des 13. Deutsch-Französischen Verwaltungskolloquium aus dem Jahr 2006 ist auf drei Schwerpunkte konzentriert: auf die Historie der deutsch-französischen Beziehungen, die gewachsenen Kooperationsstrukturen und die Einbindung des Gespanns in die Entwicklung der Europäischen Union. Im ersten Teil werden insbesondere die nach 1945 sich schnell entwickelnden parallelen Zielsetzungen herausgearbeitet. Trotz der unmittelbar zurückliegenden Kriegs- und Besatzungserfahrungen und divergierender Motivationslagen gelingt bereits 1950 mit den Schuman-Plan der Einstieg in eine hervorgehobene bilaterale Zusammenarbeit. Verstärkt wird diese durch das besondere Engagement einzelner Politiker, auch und insbesondere dann, wenn sie ein Pendant vergleichbarer Größe im Nachbarland finden. Französischer Zentralstaat und deutscher Föderalismus, Staatshörigkeit und distanziertes Staatsverständnis – es gibt in der administrativen Praxis kaum eine größer vorstellbare Differenz. Und doch, so zeigen es die Beiträge des zweiten Teils, können Kooperationen entstehen und von Dauer sein. Welche Auswirkungen haben nunmehr die historisch gewachsenen, bilateralen Beziehungen auf die Europäische Union? Einigkeit besteht insoweit, dass keiner der Autoren davon ausgeht, dass sich die beiden Partner als Blockierer einer europäischen Integration erweisen werden. Es wird jedoch gleichermaßen angenommen, dass auch die klar definierte Führungsrolle des deutsch-französischen Tandems früherer Tage ausgedient hat, welches ein direktes Ergebnis der Erweiterung auf mittlerweile 27 Mitgliedstaaten sei. Möglicherweise komme den beiden Staaten immer dann eine hervorgehobene Position zu, wenn sie trotz stark divergierender Positionen bereits untereinander einen Kompromiss finden konnten oder im Sinne eines „Europas der zwei Geschwindigkeiten“ ein politisches Projekt vorerst in verkleinerter Runde anstreben. Im Hinblick auf die dem Buch zugrunde liegende Fragestellung und der vorzufindenden erkenntnisleitenden Aussagen hierzu sind die Aufsätze von Franz Thedieck, Jean-Marie Woehrling und Henrik Uterwedde besonders empfehlenswert.
Thorsten Schumacher (THS)
M. A. (Politikwissenschaft, Philosophie, Öffentliches Recht), Referent im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Rubrizierung: 3.1 | 4.2 | 4.21 | 4.22 | 2.61 | 2.21 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Thorsten Schumacher, Rezension zu: Heinrich Siedentopf / Benedikt Speer: Deutschland und Frankreich in der europäischen Integration: 'Motor' oder 'Blockierer'? Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33995-deutschland-und-frankreich-in-der-europaeischen-integration-motor-oder-blockierer_40743, veröffentlicht am 04.08.2011. Buch-Nr.: 40743 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken