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Carsten Kaven

Die Durchsetzung der Reformpolitik in China. Analyse eines Ereignisses

Berlin: Lit 2008 (Strukturen der Macht 17); VI, 157 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-8258-1712-1
Ist die Durchsetzung der wirtschaftlichen Reformen eine Folge bewusster Entscheidungen der beteiligten Akteure? Oder waren „strukturelle Spannungen und daraus resultierende längerfristige Tendenzen die maßgeblichen Triebkräfte“ (5)? Kaven fragt damit nach dem „Modell einer spezifischen historischen Konstellation“ (9), wobei er den Beginn der Reformen als schleichenden Prozess erläutert, der nach dem Ende der Kulturrevolution und mit der neuen Austarierung der Machtbalance nach Maos Tod begann. Kaven greift die in der Literatur gängige Erklärung auf, dass die Zeit nach der Kulturrevolution geprägt war „durch ein massives Legitimationsdefizit der KP Chinas, welches nur durch eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, also im Grunde durch eine materielle Kompensation, ausgeglichen werden konnte“ (137). Dargestellt werden prägende politische, wirtschaftliche und kulturelle Merkmale sowie die auswärtigen Beziehungen. Allerdings ist die gesamte Studie nur auf andere Literatur und nicht auf eigene Untersuchungen gestützt; nicht gefragt wird, ob es so etwas wie eine „sozialistische Marktwirtschaft“ (3) überhaupt gibt. Unangenehm fällt außerdem die – auf überholte Literatur gestützte – falsche Behauptung auf, in China existiere keine Geheimpolizei und kein Lagersystem, weshalb es nicht über wichtige Charakteristika eines totalitären Staates verfüge. Kaven kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass die Durchsetzung der Reformpolitik „mit externen Ereignissen und Zufällen des historischen Geschehens“ (149) zu erklären ist. Die anfangs ebenfalls angesprochene Frage nach der Macht einzelner Akteure wird im Schlussteil nicht wieder aufgegriffen. Wie es tatsächlich aber gewesen sein könnte, lässt sich aus einem Absatz erahnen, in dem Kaven aus einem Spiegel-Interview mit dem ehemaligen Regierungschef Singapurs Lee Kuan Yew zitiert: Deng Xiaoping habe 1978 u. a. Bangkok, Kuala Lumpur und Singapur besucht. „‚Er hatte drei zurückgebliebene Provinznester erwartet. Stattdessen sah er drei moderne Großstädte und wusste: Der Kommunismus, die Politik der eisernen Reisschüssel, funktionierte nicht’“ (36).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 2.2 | 2.26 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Carsten Kaven: Die Durchsetzung der Reformpolitik in China. Berlin: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31803-die-durchsetzung-der-reformpolitik-in-china_37909, veröffentlicht am 10.03.2010. Buch-Nr.: 37909 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken