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Jürgen Gerhards / Mike Steffen Schäfer

Die Herstellung einer öffentlichen Hegemonie. Humangenomforschung in der deutschen und der US-amerikanischen Presse

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006; 279 S.; brosch., 34,90 €; ISBN 978-3-531-14964-6
Die Veröffentlichung der so genannten Arbeitsversion des Humangenoms wurde als Durchbruch der Wissenschaft nach gut 10-jähriger Forschungsarbeit euphorisch gefeiert. Die Studie zeichnet die Prozesse der öffentlichen Meinungsbildung zur Humangenomforschung in den USA und in Deutschland nach. Das empirische Feld dient als Beispiel für das sich ändernde Verhältniss von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Im Kontext der „Vergesellschaftung von Wissenschaft“ (Weingart) ist Öffentlichkeit – so die Ausgangsannahme – ein zentraler Ort der (De-)Legitimierung von Wissenschaft, was wiederum mittelbar Einfluss haben kann z. B. auf technologiepolitische Entscheidungen und sich derzeit in einer wachsenden Öffentlichkeitsorientierung von Wissenschaft niederschlägt. Mittels einer umfangreichen quantitativen Medieninhaltsanalyse weist die Studie eine sowohl länderübergreifende als auch medienübergreifende (Printmedien, Internet) Hegemonie befürwortender Akteure nach. Grosso modo wird zumindest das erstere Ergebnis in einer ergänzenden Analyse für Großbritannien, Frankreich und Österreich bestätigt sowie auch durch Experteninterviews. Demgegenüber hatten etwa zivilgesellschaftliche Akteure ein geringes Interesse an Humangenomforschung und in Folge dessen an der Beteiligung am öffentlichen Diskurs. Ferner konnten die Befürworter auf den Wertekomplex Gesundheit setzen und die hegemoniale Deutung des Themas übernehmen; demgegenüber war der Selbstbestimmungs- und Würdediskurs schwach entwickelt. Die Autoren entwickeln normative Modelle wissenschaftsdominierter vs. gesellschaftlich kontextualisierter wissenschaftlicher Öffentlichkeit. Die Debatte zur Humangenomforschung ist, so ihr Fazit, dem ersten, traditionellen Modell verhaftet geblieben. Die zweite Option scheiterte – und zwar in beiden Ländern - sowohl an der Schwäche zivilgesellschaftlicher Akteure als auch an der hohen kulturell bestimmten Resonanzfähigkeit des medizinischen Deutungsrahmens. Die Studie entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Gabriele Abels (GAB)
Prof. Dr., Professur für Innen- und EU-Politik, Universität Tübingen.
Rubrizierung: 2.22 | 2.263 | 2.333 | 2.343 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Gabriele Abels, Rezension zu: Jürgen Gerhards / Mike Steffen Schäfer: Die Herstellung einer öffentlichen Hegemonie. Wiesbaden: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26026-die-herstellung-einer-oeffentlichen-hegemonie_30272, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30272 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken