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Claire Demesmay / Martin Koopmann / Julien Thorel (Hrsg.)

Die Konsenswerkstatt. Deutsch-französische Kommunikations- und Entscheidungsprozesse in der Europapolitik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Genshagener Schriften – Europa politisch denken 2); 231 S.; brosch., 36,- €; ISBN 978-3-8487-0528-3
Im Mittelpunkt der Analysen dieses Sammelbandes steht die Frage, wie die Koordinations‑ und Entscheidungsmechanismen in der Abstimmung europapolitischer Themen zwischen Deutschland und Frankreich funktionieren. Die Herausgeber vertreten die Ansicht, dass die Institutionalisierung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern einen Grad erreicht hat, „der in der Geschichte der internationalen Beziehungen einzigartig ist“ (9). Inwieweit tragen diese zur Konsensfindung bei oder verschärfen mögliche Dissonanzen? Diese Frage analysieren die insgesamt zehn deutsch‑französischen Autorenpaare anhand von mehreren Fallbeispielen in vier relevanten Politikfeldern (Wirtschafts‑ und Finanzpolitik, Außen‑ und Sicherheitspolitik, Energie‑ und Umweltpolitik sowie europäische Integration). Auf der Basis zahlreicher Experteninterviews erläutern sie die teilweise komplexen Interaktionsmodi anschaulich. Die Beiträge sind insofern gut ausgewogen als jedem positiven ein negatives Fallbeispiel gegenübergestellt wird, sodass ein differenziertes Bild der gemeinsamen Europapolitik entsteht. Dabei wird deutlich, dass die gemeinsamen Institutionen in wichtigen Entscheidungen in der Regel nur eine untergeordnete Rolle spielen. So beschäftigte sich der gemeinsame Umweltrat nicht mit der Katastrophe von Fukushima, ebenso wenig war der Libyeneinsatz der NATO Thema im deutsch‑französischen Verteidigungsrat. Dass die deutsch‑französische Politik zu innovativen und für die EU‑Länder tragfähigen Lösungen gelangen kann, zeigen dagegen die Verfassungskrise, die zum Vertrag von Lissabon führte, und das Management in der Eurokrise. Der Band verdeutlicht, dass die deutsch‑französische Zusammenarbeit nicht auf einer einheitlichen und systematischen Vorgehensweise basiert, vielmehr wird von Fall zu Fall entschieden. „Die Asymmetrie der politischen Systeme wirkt sich in praktisch allen Feldern der Europapolitik auf die deutsch‑französische Zusammenarbeit aus.“ (215) Der Erfolg der Kooperation hängt nach Meinung der Autor_innen nicht allein von gemeinsamen Institutionen ab, sondern vor allem von den gemeinsamen Interessenlagen und der Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Akteure. Hier sehen sie bislang das größte Defizit der Kooperation. Trotz aller Erfolge bleibt daher die Erkenntnis, „dass bei der deutsch‑französischen Kooperation in der Europapolitik kaum von einem systematischen und planvollen Prozess gesprochen werden kann“ (209). Der Band enthält die Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojekts der Stiftung Genshagen, der Universität Cergy‑Pontoise und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, das anlässlich des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Elysée‑Vertrages realisiert wurde.
Fabrice Gireaud (FGI)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand und wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Vechta.
Rubrizierung: 3.7 | 4.21 | 4.22 | 2.61 | 2.62 | 2.63 | 3.2 | 3.3 | 3.5 | 2.26 | 2.34 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Claire Demesmay / Martin Koopmann / Julien Thorel (Hrsg.): Die Konsenswerkstatt. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36270-die-konsenswerkstatt_44233, veröffentlicht am 10.10.2013. Buch-Nr.: 44233 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken