
Die Liquidatoren. Der Reichskommissar und das wiedergewonnene Vaterland
In den 90er-Jahren führte die Treuhandanstalt ehemals volkseigene Betriebe in die Privatisierung. Vorausgegangen war eine Verordnung der Regierung Hans Modrows über die Einrichtung einer Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums der DDR, aus der die Nachfolgeregierung de Maizière eine Anstalt zu Privatisierungszwecken machte. Der Autor hat seine Darstellung durchaus mit einem Ton des Zorns über die Entwicklungen unterlegt, die zu Auflösung und Untergang weiter Teile der ostdeutschen Industrie und zu großer Arbeitslosigkeit führten. Die Treuhand war, so schreibt Modrow in seinem Vorwort, zur Wahrung des Volkseigentums und nicht zu dessen Zerschlagung gedacht. Daran, dass die Treuhandanstalt kaum mehr öffentlich thematisiert werde, erkenne man „das Bemühen der Herrschenden“, sie „in Vergessenheit“ geraten zu lassen (8). Hartmann sieht eine der entscheidenden Ursachen hierfür in der Kontinuität einer gewissen Geisteshaltung und verweist dazu auf Friedrich Ernst, der hohe Funktionen in der staatlichen Wirtschaftsverwaltung des Dritten Reiches ausübte und unter der Regierung Adenauer im Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung mitwirkte. In einem der daraus hervorgegangenen Papiere der 50er-Jahre heißt es, dass im Falle der Wiedervereinigung „für eine Übergangszeit die Einsetzung von Treuhändern in weitem Umfange notwendig werden würde“ (26). Hartmann schildert die „Abwicklung“ der ostdeutschen Betriebe und die damit verbundenen wirtschaftskriminellen Machenschaften anschaulich und konstruiert Parallelen zu Gedanken der 50er-Jahre. Dass abschließend mit der weiteren Gehaltsentwicklung Birgit Breuels argumentiert und sie gar als geistige Erbin Friedrich Ernsts tituliert wird, mutet hingegen äußerst seltsam an.