Skip to main content
Evelyn Lu Yen Roloff

Die SARS-Krise in Hong Kong. Zur Regierung von Sicherheit in der Global City

Bielefeld: transcript 2007 (Materialitäten 3); 163 S.; kart., 18,80 €; ISBN 978-3-89942-612-0
Rechtswiss. Diss. Bern; Gutachter: Th. Cottier. – Die Lungenkrankheit SARS breitete sich 2003 von der chinesischen Provinz Guangdong auch nach Hongkong aus. Über den Flugverkehr dieser „Global City“, die ein hochmoderner Dienstleistungsknotenpunkt der globalen Marktwirtschaft ist, gelangte der Erreger schnell auf andere Kontinente. Die Autorin war während der Krisenmonate in Hongkong und warf mittels Videos und Interviews einen ethnographischen Blick auf den Umgang der Menschen mit der unsichtbaren Bedrohung. Sie porträtiert eine globale Stadt im Ausnahmezustand, der es wegen ihrer Dynamik und Offenheit nicht möglich ist, durch räumliche Verriegelung und Kontrolle auf Unsicherheiten zu reagieren. Roloff begnügt sich aber nicht mit einer schlichten Illustration der These von der globalisierten Risikogesellschaft. Sie kombiniert diesen stadtsoziologischen Blick mit Foucaults Perspektive der „Gouvernementalität“, also der Etablierung von Machtmechanismen und Steuerungsmitteln in einer Gesellschaft, die Regierungen dann in ihre Programme integrieren können. Auf sehr gut verständliche Weise wird gezeigt, wie Foucaults Konzept unseren Blick für moderne Politiktechniken schärfen kann. Hongkongs Management der Unsicherheit begann zunächst in der Gesellschaft, in der sich zivilgesellschaftliche Selbsthilfe-Initiativen etablierten, beispielsweise für eine umfassende Maskierung der Bevölkerung. Erst allmählich streifte die Regierung ihre anfängliche Hilflosigkeit ab und gewann die politische Kontrolle und das öffentliches Vertrauen zurück, indem sie sich gesellschaftliche Akteure kooperativ „einverleibte“ (18). Ihre Hygiene- und Image-Kampagne zielte auf „black spots“ im städtischen Raum und vermarktete Hongkong als nachhaltig hygienische und sichere Stadt. Diese Form der Krisenbewältigung hält Roloff für symptomatisch für die Moderne: Diffuse Unsicherheiten werden in handhabbare „Risiken“ umfunktioniert, deren Bearbeitung aber nur „scheinbar“ (124) mehr Sicherheit bietet.
Tine Hanrieder (CTH)
M. A., wiss. Assistentin, Geschwister-Scholl-Institut, LMU München.
Rubrizierung: 2.68 | 2.21 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Tine Hanrieder, Rezension zu: Evelyn Lu Yen Roloff: Die SARS-Krise in Hong Kong. Bielefeld: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27409-die-sars-krise-in-hong-kong_32115, veröffentlicht am 16.08.2007. Buch-Nr.: 32115 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken