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Janet Kursawe

Drogenpolitik im Goldenen Halbmond. Wahrnehmungsmuster und drogenpolitische Strategien als Reaktion auf die steigende Drogenverbreitung in Afghanistan, Pakistan und Iran

Frankfurt a. M.: Verlag für Polizeiwissenschaft, Prof. Dr. Clemens Lorei 2010; 492 S.; 32,90 €; ISBN 978-3-86676-060-8
Politikwiss. Diss. Hamburg. – Mit einem konstruktivistischen Ansatz der Versicherheitlichung, verknüpft mit dem Konzept des Risikos, analysiert Kursawe die Drogenproblematik im „Goldenen Halbmond“ von Pakistan, Afghanistan und Iran. Sie wertet Daten aus, bezieht aber auch die Sichtweise lokaler Verantwortungsträger und Experten ein. So fragt sie nach der Wahrnehmung von Drogen als Sicherheitsproblem, welche politischen Handlungsoptionen sich daraus ableiten und welchen Einfluss internationale Akteure und Dynamiken ausüben. Es zeigt sich, dass sich die Problemanalyse von extern verursacht (Iran), intern (Afghanistan) und extern/intern (Pakistan) stark unterscheidet, während einheitlich die Drogenverbreitung als akut und die Folgeprobleme etwa durch HIV/Aids als sicherheitsrelevant angesehen werden. Überraschend ist, dass diese Problemanalyse nicht die Kooperation zur Bekämpfung von Handel und Verbreitung der Drogen verstärkt. Die Intervention in Afghanistan scheint eher dazu zu führen, „dass gegenseitige Vorwürfe und Konkurrenz um Hilfsleistungen von internationalen Gebern die Beziehungen zueinander stärker charakterisieren“ (393) – solide Erwartungen an selbstgesteuerte Kooperation der Länder gibt es nicht. Die internationale Ebene der Drogenpolitik spielt für Afghanistan, in abgeschwächtem Maß für Pakistan, viel weniger jedoch für Iran eine Rolle, wo die Drogenbekämpfung autonom konzipiert wird. Die Konzentration auf Angebots- oder Nachfrageseite in den drei Ländern unterscheidet sich, ihre Strategien und institutionellen Strukturen ähneln sich hingegen. Eine adäquate Drogenpolitik müsste Folgendes thematisieren: Für Afghanistan sei die Verwicklung politisch hochrangiger Kreise in die Drogenökonomie zentral, allerdings könnten sowohl Aufklärung als auch alternative Erwerbsmöglichkeiten für die Bevölkerung separate Erfolge erzielen. Immer mehr Konsumenten auch dort erforderten eine stärker nachfrageorientierte Drogenpolitik. Für Pakistan wäre ein Umbau von militarisierter zu ziviler Drogenpolitik nötig. Nachfrageorientiert sollte der gesellschaftliche Schaden durch Abhängigkeit und Krankheit gemildert werden. Irans Wille zur regionalen Kooperation schließlich könnte ein Ansatzpunkt für einen über die Drogenprobleme hinaus gehenden Politikansatz sein. Kooperative Strategien sind also wegen ihrer langfristigen Gewalt- und Konfliktreduktion auch hier repressiven vorzuziehen.
Florian Peter Kühn (KÜ)
Dr., M. P. S., wiss. Mitarbeiter, Institut für Internationale Politik, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 4.41 | 4.43 | 2.68 | 2.63 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Florian Peter Kühn, Rezension zu: Janet Kursawe: Drogenpolitik im Goldenen Halbmond. Frankfurt a. M.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32362-drogenpolitik-im-goldenen-halbmond_38616, veröffentlicht am 15.12.2010. Buch-Nr.: 38616 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken