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Franz Nuscheler (Hrsg.)

Entwicklung und Frieden im 21. Jahrhundert. Zur Wirkungsgeschichte des Brandt-Berichts. Mit einem Vorwort von Bundespräsident Johannes Rau

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2000 (EINE Welt - Texte der Stiftung Entwicklung und Frieden Sonderband); 512 S.; hardc., 38,- DM; ISBN 3-8012-0288-7
Zwanzig Jahre nachdem die von Willy Brandt geleitete Nord-Süd-Kommission ihren Bericht vorlegte, melden sich 24 prominente Autoren aus Politik und Wissenschaft zu Wort, um nach der heutigen Relevanz des sogenannten Brandt-Berichtes zu fragen. Wie in den Beiträgen deutlich wird, sind die Meinungen über dessen Wirkung auch heute noch geteilt. Die Untersuchung der Wirkungsgeschichte des Berichts blickt im Wesentlichen aber nicht zurück, sondern beschäftigt sich mit den neuen Herausforderungen für Frieden und Entwicklung am Anfang des 21. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die kritische Auseinandersetzung mit zwei Schlüsselbegriffen des Brandt-Berichts: "Weltinnenpolitik" und "Globalisierung der Politik". Das heutige Wiederaufgreifen richtungsweisender Leitsätze Brandts, wie z. B. von der Entwicklungspolitik als "Friedenspolitik von morgen", zeigt die Weitsicht des Berichts. Brandt hatte bereits in der Einleitung auf den Zusammenhang zwischen Hunger und Kriegen, Entwicklung und Frieden hingewiesen. Die "Commission on Global Governance" hat inzwischen diesen Zusammenhang um Dimensionen ökologischer Sicherheit und das Konzept von "human security" erweitert. Es ist folglich nicht überraschend, dass in mehreren Beiträgen mit dem Ansatz der "Global Governance" dieses vergleichsweise neue Konzept in die Diskussion aufgenommen und auf seine Gestaltungsmöglichkeiten in zentralen weltpolitischen Problemfeldern untersucht wird. Der Herausgeber fügt diese Vorschläge schließlich zusammen und macht auf die grundsätzliche "Interdependenz der Ordnungen" aufmerksam. In einer als polyzentrisch verstandenen und turbulent wahrgenommenen Welt haben hegemoniale Vorstellungen von Weltordnungspolitik in dieser Sichtweise keinen Platz. Dabei wird "Global Governance" vor allem als realistische Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung und globalen Risiken verstanden - eine Antwort, die bereits in den Visionen Brandts zu finden war. Inhalt: Johannes Rau: Entwicklung und Frieden heute (9-17); Franz Nuscheler: "Ohne Frieden ist alles nichts" (19-31). 1. Erinnerungen an Willy Brandt: Richard von Weizsäcker: Willy Brandt: der Mensch und Politiker (31-38); Egon Bahr: Willy Brandts Leitgedanken: Frieden und Entwicklung (39-46); Ingvar Carlsson: Globale Sicherheit und Global Governance. Initiativen und Visionen von Willy Brandt (47-59). 2. Rückblick auf den Brandt-Bericht: Ulrich Albrecht: Willy Brandts Verständnis von Entwicklung (62-75); Michael Hofmann: Rückblick auf Lob und Tadel am Brandt-Bericht (76-89); Michael Bohnet: Brandt-Bericht und deutsche Entwicklungspolitik am Beginn der 80er Jahre (90-97); Martin Khor: Der Brandt-Bericht aus der Sicht des Südens. Was ist nach zwanzig Jahren noch erinnerungswürdig? (98-121); Ute Koczy / Katrin Stückrath: Interview: Was sagt der 20 Jahre alte Brandt-Bericht einer heute Dreiundzwanzigjährigen? (122-131); Franz Nuscheler: Empfehlungen des Brandt-Berichts: Was ist daraus geworden? (132-140). 3. Neue Herausforderungen für Frieden und Entwicklung: Heidemarie Wieczorek-Zeul: Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik. Neue Herausforderungen für Frieden und Entwicklung auf dem Weg ins 21. Jahrhundert (143-162); Ingomar Hauchler: Gemeinsames Interesse in einer interdependenten Welt? Folgerungen aus dem Brandt-Bericht (163-185); Herbert Wulf: Wo ist die Friedensdividende geblieben? (186-207); Inge Kaul: Die Debatte zur Entwicklungsfinanzierung: damals und heute (208-228). 4. Globalisierung und Entwicklungspolitik: Felipe Gonzaléz: Europa und die Globalisierung. Die Notwendigkeit eines "Projekts Europa" (231-252); Henning Scherf / Forum Eine Welt: Globalisierung und Eine-Welt-Politik (253-266); Dirk Messner: Globalisierung, Global Governance und Perspektiven der Entwicklungszusammenarbeit (267-294); Paul Streeten: Hat Entwicklungspolitik eine Zukunft? Entwicklungsstrategien für die nächsten Jahrzehnte (295-326). 5. Plädoyers für Global Governance: Hans Küng: Plädoyer für ein globales Verantwortungsethos (329-347); Reimut Jochimsen: Anforderungen an eine Weltfinanzordnung. Grenzen nationaler Alleingänge und Effizienz internationaler Instrumente (348-374); Margareta E. Kulessa: Leitplanken für eine umwelt(v)erträgliche Welthandelsordnung (375-396); Hermann Sautter: Die internationale Sozialordnung. Notwendigkeit, Funktionsbedingungen und Ansätze einer Realisierung (397-426); Udo Ernst Simonis: Architektur einer Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung (427-445); Tobias Debiel: Vereinte Nationen und Weltfriedensordnung. Bilanz und Perspektiven zur Jahrtausendwende (446-467).
Thomas Henzschel (TH)
Dr., Auswärtiges Amt, Arbeitsstab Iran.
Rubrizierung: 4.43 | 4.44 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Thomas Henzschel, Rezension zu: Franz Nuscheler (Hrsg.): Entwicklung und Frieden im 21. Jahrhundert. Bonn: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8734-entwicklung-und-frieden-im-21-jahrhundert_14194, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14194 Rezension drucken