
Europa – Stier und Sternenkranz. Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund
„Europas Identität, interregional und transnational, setzt sich aus ungezählten Differenzen zusammen und ist als Summe historisch weit zurückreichender Prägungen gemeinsamer Erfahrungen zu verstehen.“ (9) Solchen historischen und kulturellen Prägungen spüren die Autoren des Sammelbandes nach. Die beiden Symbole Stier und Sternenkranz dienen dabei als Wegweiser. Der Band ist multidisziplinär angelegt – es finden sich Vertreter aus Geschichtswissenschaft, Philosophie und Philologie, Literatur-, Kultur-, Kunst- und Musikwissenschaft, Geografie, Rechtswissenschaft oder Ethnologie. In vielen Beiträgen geht es um die griechische Mythologie und deren Überlieferung. Untersucht werden aber auch visuelle Repräsentationen (Elke Anna Werner) oder die Umsetzung im Ballett des 17. Jahrhunderts (Ivana Rentsch). Die meisten Autoren berücksichtigen immer auch den politischen Kontext der Europa-Idee; Beiträge zur politischen Geschichte oder Ideengeschichte in einem engeren Sinne sind dagegen weniger vertreten. Elisabeth Lichtenberger nutzt die Symbolik des Meers in der Entführung der Europa als Ansatzpunkt für eine Geschichte von Expansion, Welthandel und Kolonisation. Alexander Demandt skizziert die europäische Integration als Projekt des Willens, das aus einer langen und leidvollen Lernerfahrung geboren wurde. Wolfgang Schmale arbeitet heraus, wie der Europamythos in der Neuzeit für politische Zwecke, insbesondere zur Untermauerung europäischer Herrschaftsansprüche instrumentalisiert wurde. Die politische Symbolik der Europäischen Union untersucht wiederum Roland Bieber und Ekkehart Krippendorff sieht im Rückgriff auf den Europamythos nach dem Zweiten Weltkrieg den Versuch, eine gemeinsame Basis für das friedliche Zusammenleben zu konstruieren. Ein weiteres Thema ist die jeweils unterschiedliche Behandlung der Europaidee in der Philosophie. Einige der Beiträge des Sammelbandes gehen auf eine Tagung zurück, die 2001 an der Universität Greifswald durchgeführt wurde. Der Referentenkreis wurde seit der Tagung um zahlreiche internationale Wissenschaftler und Künstler erweitert.