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Felix Butschek

Europa und die Industrielle Revolution

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2002; 255 S.; geb., 29,90 €; ISBN 3-205-77006-4
"Wodurch und wie kam die Industrielle Revolution zustande und warum gerade in Europa?" (14) Basierend auf der "Neuen Institutionenökonomie" (19) lautet die These Butscheks, dass sich in Europa ein spezifisches Netz an formellen wie informellen Institutionen entwickelt hat, deren Zusammenspiel die Industrielle Revolution ermöglichte. Der Autor nimmt den Faden im antiken Griechenland auf, wo die Vernunft als Beurteilungskriterium erdacht worden sei. "Ein wesentliches Element des Römischen Reiches lag jedoch in der Weiterentwicklung des Rechtsstaates." (33) Im Mittelalter seien die weitere Verrechtlichung der sozialen Beziehungen, die Individualisierung der Menschen und eine Aufsplitterung der Macht erfolgt. Als zentrales Element der Industrialisierung nennt der Autor das dichte Netz der westeuropäischen Städte, von denen aus sich der (Fern-)Handel entwickelt hat. Weiteres Kernelement ist die neue städtische Gesellschaftsschicht, das Bürgertum. Von großer Bedeutung sei die neue Arbeitsbewertung durch das Christentum gewesen: Durch seine Arbeit wollte der Mensch an der Schöpfung Gottes teilhaben. Die Religion habe aber nicht, im Gegensatz zu den islamischen Ländern, den wissenschaftlichen Diskurs bestimmt. Mit der Durchsetzung der Vernunft statt des Glaubens sei in der Neuzeit die wissenschaftliche Revolution und der technische Fortschritt möglich geworden. Butschek ist der Überzeugung, dass alle diese formellen (Rechtsstaat, Schutz vor Willkür u. ä.) und informellen (Selbstbewusstsein des Bürgertums, positive Einstellung zur Arbeit u. ä.) Institutionen gegeben sein müssen, damit sich die Wirtschaft eines Landes entwickeln kann. Der Autor erklärt von dieser These aus die gegenüber Europa schlechteren wirtschaftlichen Entwicklungen in Osteuropa, den islamischen Ländern, in China und Indien - und warum Japan erfolgreich war. Eine erfolgreiche Entwicklungspolitik sei nur möglich, so die Schlussfolgerung, wenn sich in den unterentwickelten Ländern eine europäische Institutionenstruktur etabliere. Folgerichtig erweise sich "das Zusammenfallen von Industriegesellschaften und parlamentarischer Demokratie [...] nicht als Zufall" (171).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.1 | 2.61 | 2.27 | 2.62 | 2.64 | 2.65 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Felix Butschek: Europa und die Industrielle Revolution Wien/Köln/Weimar: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/17614-europa-und-die-industrielle-revolution_20296, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20296 Rezension drucken