Skip to main content
Nicola Bücker

Europe bottom-up. How Eastern Germans and Poles frame the European Union

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Studien zur Politischen Soziologie 21); 326 S.; brosch., 54,- €; ISBN 978-3-8487-0012-7
Diss. Jacobs University Bremen; Begutachtung: C. Welzel, J. Medrano, M. Schreier. – Nicola Bücker fragt, warum die Meinungen über die Europäische Union in den Mitgliedstaaten so stark divergieren. Dabei interessiert sie sich für den Zusammenhang zwischen der EU‑Wahrnehmung (EU perceptions) und der Haltung der Bürger gegenüber der Union (EU attitudes), den sie anhand der Fallbeispiele Ostdeutschland und Polen mittels qualitativer Inhaltsanalyse und halbstandardisierten Interviews aufzeigt. Ihre Herangehensweise basiert auf dem sozialkonstruktivistischen Framing‑Ansatz, wonach die Bedeutung der EU für die Bürger „in öffentlichen Diskursen konstruiert und verbreitet wird, welche die spezifischen Interpretationen oder frames der EU bereitstellen“ (76). Aus diesen gesellschaftlichen Deutungsmustern (public frames) entstünden individuelle Perzeptionen beziehungsweise Deutungsmuster (cognitive frames) der EU, die die Erforschung der Entstehung persönlicher Haltungen und Ansichten zur Union ermöglichten. Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlich‑kulturellen Bedingtheit lasse sich, so Bückers Hypothese, die Varianz der persönlichen Einstellungen unter Zuhilfenahme individueller Faktoren (Bildungshintergründe und persönliche Erfahrungen) gegenüber der EU in den einzelnen Mitgliedstaaten analysieren und erklären. Die Autorin identifiziert zunächst den historischen Entstehungsprozess der public frames der EU respektive des europäischen Integrationsprozesses in West‑ beziehungsweise Ostdeutschland und in Polen, um dann auf der Grundlage von 46 im Jahr 2005 geführten Interviews die cognitive frames zu analysieren. Dabei wird deutlich, wie unterschiedlich das Framing der EU in beiden Staaten ausfallen kann. So stellt sie beispielsweise fest, dass im polnischen Diskurs primär die Ideale und die Gemeinschaft der EU betont werden, während die Diskurse in (Ost‑)Deutschland „zu einer Konzentration auf die institutionelle Struktur der EU neigen“ (155). Ähnliche Differenzen offenbart auch die Analyse der cognitive frames für beide Fälle. Während die EU in Ostdeutschland häufig als „schlechtes politisches System“ (203) gesehen werde, das als unmittelbare Konsequenz des Zweiten Weltkriegs entstanden sei und heute mit zahlreichen Nachteilen für die Bürger assoziiert werde, gelte für Polen eine Verbindung des Integrationsprojekts mit dem Erfolg des postsowjetischen Transformationsprozesses und der Modernisierung des Landes. Jenseits dieser spezifischen Ergebnisse unterstreicht Bückers Blick auf die EU „von unten“ (siehe Titel) am Ende auch, dass „[f]raming matters“ (283), wenn es darum geht, die Meinung der Bürger zur EU zu erklären.
{CPA}
Rubrizierung: 3.73.12.612.3 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Nicola Bücker: Europe bottom-up. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38178-europe-bottom-up_43457, veröffentlicht am 19.03.2015. Buch-Nr.: 43457 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken