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Matthias Schranner

Faule Kompromisse. Wie gut verhandeln unsere Politiker?

Berlin: Econ 2013; 222 S.; kart., 18,- €; ISBN 978-3-430-20124-7
„Politiker verhandeln ständig: Sie beschreiben Konflikte, lösen sie und sorgen für die Umsetzung der Ergebnisse. So jedenfalls lautet ihr Auftrag.“ (15) Wie gut sie diesen Auftrag erfüllen, untersucht Matthias Schranner mittels Soll‑Ist‑Vergleichen. Leicht verständlich erläutert er dazu die notwendigen Elemente erfolgreichen Verhandelns, wie das Einhalten der richtigen Phasen – das Sondieren beschreibt er sinnbildlich als „eine Hand ins Wasser halten und die Temperatur testen“ (58) –, die Kompetenzen der Verhandlungsführer und die Methodik. Insbesondere die Entwicklung der richtigen Strategie und die Wahl der passenden Taktiken seien wichtig, betont der Verhandlungsexperte. Der idealen Verhandlungsführung stellt er häufige Fehler und viele konkrete, überwiegend negative Beispiele aus der Politik gegenüber. „Der faule Kompromiss ist die Visitenkarte der schlechten Verhandler in der Politik“ (83), so Schranner, trotzdem werde diese Strategie immer wieder verfolgt, wie die Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und CDU/CSU nach der Bundestagswahl 2009 belegten. Sowohl im Wahlkampf als auch noch während der Koalitionsgespräche betonten die Parteien ihre unvereinbaren Positionen zu Steuersenkungen; die FDP wollte sie durchsetzen, die CDU/CSU lehnte sie angesichts der angespannten Haushaltslage kategorisch ab. Das Ergebnis: Steuernachlässe auf Hotelübernachtungen – eine Entscheidung, die Schranner „quick and dirty“ nennt, ohne Orientierung am Gemeinwohl und ohne den Willen, „nach einer echten Lösung mit echten Alternativen zu suchen“ (85). Immer wieder zeigt der Autor die Möglichkeiten einer effektiveren Verhandlungsführung auf, statt bloße Kritik zu üben. Allein seine Forderung nach weniger Transparenz bei politischen Verhandlungen erscheint etwas befremdlich. Er sieht in einer möglichst großen Transparenz eine Gefahr für die Verhandlungsführung, da sich unter den Augen der Öffentlichkeit sehr schnell, noch vor sondierenden Gesprächen, auf eine Position und bestimmte Taktiken festgelegt werde. Erfreulich ist, dass Schranner mit den gewählten Beispielen Kritik und Lob ungeachtet der Parteizugehörigkeiten verteilt, er bemängelt immer wieder die Tendenz zum Berufspolitikertum und fordert mehr echte Fachkompetenzen von den Volksvertretern sowie eine klare Grundhaltung: „Den austauschbaren, aalglatten und erkennbar nur karriereorientierten Politikern brauchen Sie nicht zuzuhören. Sie haben nichts zu sagen, was für Sie als Bürger relevant wäre.“ (23)
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 4.41 | 2.331 | 2.341 | 2.342 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Matthias Schranner: Faule Kompromisse. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36037-faule-kompromisse_44069, veröffentlicht am 08.08.2013. Buch-Nr.: 44069 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken