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Doris Weiss (Hrsg.)

Flexibles Europa. Die Auswirkungen von Deregulierung und Flexibilisierung europäischer Arbeitsmärkte auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Frauen

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1998; 166 S.; brosch., 54,- DM; ISBN 3-631-33234-3
Die Realisierung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hat die Erosion des "Normalarbeitsverhältnisses" gleichsam kodifiziert: die Erhöhung des Beschäftigungsstandes fast um jeden Preis scheint europaweit zur generellen Maxime arbeitsmarktpolitischer Strategien zu werden. Die deutliche Zunahme atypischer Arbeitsverhältnisse (wie befristete bzw. geringfügige Beschäftigungen, Tele-, Teilzeit- oder Heimarbeit) ist deshalb - natürlich primär von seiten der Gewerkschaften - in den Mittelpunkt der arbeits- und sozialrechtlichen Diskussion gerückt worden. In der Tat ist zu fürchten, daß eine so verstandene Flexibilisierung der Erwerbsarbeit, die nahezu ungebremst der Macht-Asymmetrie des Marktes folgt, nicht den Spielraum individueller Optionen erhöht (wie regelmäßig behauptet), sondern prekäre Beschäftigungsverhältnisse festschreibt. Allerdings sind diese neuerdings artikulierten Bedenken - das ist der durchgehende Vorbehalt der Autorinnen dieses Bandes - von einer eigentümlichen "gender blindness" geprägt. Atypische Beschäftigungsverhältnisse hat es auch schon in nennenswertem Umfang in den 50er und 60er Jahren gegeben, nur sind sie damals - weil es sich um von Frauen besetzte Arbeitsplätze handelte - nicht "skandalisiert" worden. Eine angemessene Diskussion atypischer Beschäftigungen - so die berechtigte Forderung - kann nur geführt werden, wenn sie die Kritik einseitig kapitalorientierter Flexibilisierungs- und Deregulierungspraktiken mit einer radikalen Problematisierung der geschlechtsspezifischen Strukturierung des Systems von Erwerbsarbeit und sozialer Sicherung verbindet. Bei den Beiträgen handelt es sich um drei länderbezogene Fallstudien: Österreich (Vana), Irland (Pelz/Schubert) und Skandinavien (Nurmi). Die Herausgeberin erörtert - mit skeptischem Resümee - in welcher Weise das europäische Gemeinschaftsrecht dem Ansteigen atypischer Beschäftigungen Rechnung trägt: "Rechtliche Regelungen, sowohl auf EU-Ebene als auch in den einzelnen Mitgliedstaaten, betreffen hauptsächlich typische Arbeitsverhältnisse. Der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses ist noch keine ausreichende rechtliche Konsequenz gefolgt." (54) Als theoretische Grundlage dient der Einleitungsbeitrag (Leitner), der das "gender"-Konzept auf das Verhältnis von Erwerbsarbeit und sozialer Sicherung bezieht. Inhalt: Sigrid Leitner: Zur definitorischen Fixierung von "Mann" und "Frau" und ihrer Auswirkung auf die soziale Sicherung von "atypischer" Beschäftigung (9-24); Doris Weiss: Atypische Beschäftigung in Europa: Zur Diskrepanz von Marktrealität und Gesetzgebung der Europäischen Union (25-59); Monika Vana: Die Auswirkungen des Europäischen Binnenmarktes auf atypische Arbeitsverhältnisse am Beispiel Österreichs (61-105); Kaarina Nurmi: Gender Aspects of Atypical Employment in the Nordic Countries (107-140); Monika Pelz / Christine Schubert: Teilzeitarbeit im Brennpunkt sozialpartnerschaftlicher Beziehungen: Eine irische Fallstudie (141-160).
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.262 | 2.27 | 3.5 | 2.4 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Doris Weiss (Hrsg.): Flexibles Europa. Frankfurt a. M. u. a.: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8492-flexibles-europa_11186, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11186 Rezension drucken