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Greg Palast

Frühstück für Aasgeier. Wie Ölbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten. Aus dem Englischen von Heike Schlatterer und Anne Emmert

München: Riemann Verlag 2012; 540 S.; geb., 21,99 €; ISBN 978-3-570-50147-4
Bereits der reißerische Titel dieses Bandes von einem „der letzten großen Enthüllungsreporter“, wie der Verlag Greg Palast bewirbt und dabei zugleich auf verschiedene journalistische Auszeichnungen verweist, die er in der Vergangenheit erhalten hat, lässt – zumindest aus politikwissenschaftlicher Sicht – nichts Gutes erwarten. In der Tat ist der ganze Band mehr als Krimi geschrieben, der vor allem immer wieder auch seinen Protagonisten – nämlich den Autor selber – mit seinem detektivischen Spürsinn und seiner Beharrlichkeit in ein positives Licht rückt. Gegen diesen David wirken die kriminellen Machenschaften der globalen Goliaths in Form von Großkonzernen, wie BP, Exxon und Goldman Sachs, sehr düster und übermächtig. Palasts Buch kann zwar durchaus einen gewissen Unterhaltungswert für sich beanspruchen. Die beschriebenen Fälle und Ereignisse sind aber allenfalls rudimentär wissenschaftlich verwertbar. Auch sprachlich sind Palasts detaillierte und zum Teil ausschmückende Beschreibungen zu unerheblichen Details seiner investigativen Recherchen eher platt und vulgär. Oft dauert es ewig, bis er zum Kern seines Anliegens kommt – nämlich der konkreten Beschreibung der kriminellen Auswüchse multinationaler Großkonzerne. Dies deutet darauf hin, dass auch Palasts Informationen begrenzt sind. Seine implizite These, dass Bürgerkriege, Genozide, Epidemien und kleptokratische Präsidenten für weltumspannende Großkonzerne eigentlich nur Gelegenheiten zur Profitmaximierung darstellen, untermauert Palast am Beispiel der Unternehmenspolitik von BP sowie den Rettungsmaßnahmen der Groß‑ und Investmentbanken zugunsten von Griechenland im Zuge der Finanz‑ und Wirtschaftskrise seit 2009. Im letzteren Fall sind es vor allem Weltbank, IWF und WTO sowie die Spitzen des US‑Finanzministeriums, die durch die Chefs der weltweit einflussreichsten Banken und deren Interessen vermeintlich gesteuert werden. Dabei beschreibt Palast den ideellen Einfluss der sogenannten Chicago School um Milton Friedman als übermächtig. Deren Vertreter haben ganz wesentlich die Lehre vom ökonomischen Neoliberalismus geprägt und besetzen bis heute Schlüsselpositionen der internationalen Finanzwirtschaft. Insgesamt bleibt Palasts Ansatz, der Globalisierung Gesichter zu geben, durchaus anerkennenswert. Allerdings weist die Realisierung im vorgelegten Format deutliche Schwächen auf. Dazu zählt die plakative Schwarz‑Weiß‑Malerei, die zu Vereinfachungen neigt und der verflochtenen Komplexität dieser Welt nicht gerecht wird.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 4.43 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Greg Palast: Frühstück für Aasgeier. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36366-fruehstueck-fuer-aasgeier_43053, veröffentlicht am 07.11.2013. Buch-Nr.: 43053 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken