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Stephan Meyer

Gemeinwohlauftrag und föderatives Zustimmungserfordernis - eine Antinomie der Verfassung? Dogmatische Untersuchung zum Scheitern eines Gesetzesbeschlusses im Bundesrat nach Artikel 78 des Grundgesetzes

Berlin: Duncker & Humblot 2004 (Schriften zum Öffentlichen Recht 962); 275 S.; 64,- €; ISBN 3-428-11462-0
Rechtswiss. Diss. München; Gutachter: R. Stettner, U. Widmaier. - Meyer greift die Ablehnung eines vom Bundestag beschlossenen zustimmungspflichtigen Bundesgesetzes durch den Bundesrat als verfassungsrechtliches Problem auf. Er knüpft dabei an die Frage an, welches Organ von Verfassung wegen legitimiert ist, die Erforderlichkeit eines Gesetzes abschließend festzustellen. Im ersten Teil seiner verfassungsdogmatischen Untersuchung zeigt Meyer, wie sich aus Grundrechten, Staatszielbestimmungen und grundlegenden Staatsprinzipien - wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie - sowohl eine inhaltliche Bestimmung des Gemeinwohls herleiten lässt als auch eine staatliche Pflicht, dieses aktiv zu fördern. Damit ist die Grundlage für die von Meyer aufgeworfene Problemstellung entwickelt: Mit welchem Recht kann sich der Bundesrat der gemeinsamen Feststellung von Bundesregierung und Bundestag entgegenstellen, dass eine Regelung zur Förderung des Gemeinwohls notwendig ist? Um diese Frage zu beantworten, betrachtet der Autor das bundesstaatliche Gefüge der Bundesrepublik näher. Im Ergebnis konstatiert er eine weitgehende Prärogative der Bundesregierung, gestützt auf das Vertrauen des Parlaments. Den Ländern weist Meyer - im Gegensatz zur Rechtsprechung und weiten Teilen der juristischen Literatur - eine lediglich vom Bund abgeleitete Staatsgewalt zu. Bundesstaatlichkeit bestimmt er funktional als „Wirklichkeitswerdung und damit das Verfügbarhalten von alternativen Gemeinwohlkonzepten in einem realen staatlichen Leben“ (223). Beim Bundesrat liege daher die „ex-post Kontrolle” (246) und die „Wahrnehmung der Alternativfunktion“ bei gegebener „Definitionssuprematie der Bundesregierung“ (247). Zustimmungsverweigerung sei damit zulässig, wenn sie „auf der Annahme einer zu starken Einbuße politischer Potenz der Länder“ gründe (247).
Julia von Blumenthal (JB)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
Rubrizierung: 2.32 | 2.321 Empfohlene Zitierweise: Julia von Blumenthal, Rezension zu: Stephan Meyer: Gemeinwohlauftrag und föderatives Zustimmungserfordernis - eine Antinomie der Verfassung? Berlin: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/22367-gemeinwohlauftrag-und-foederatives-zustimmungserfordernis---eine-antinomie-der-verfassung_25513, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25513 Rezension drucken