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Nikolaus Nützel

Gesundheitspolitik ohne Rezept. Warum Deutschlands Medizinbetrieb so schwer zu kurieren ist

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007; 219 S.; kart., 14,- €; ISBN 978-3-423-24614-9
Als Journalist beim Bayerischen Rundfunk befasst sich Nützel schwerpunktmäßig mit Gesundheits- und Sozialpolitik. Sein Buch ist von einer journalistischen Herangehensweise geprägt. Anhand von Fallbeispielen demonstriert er die Mechanismen der gegenwärtigen Gesundheitspolitik, ihre Absurditäten und ihre allgemeine Undurchschaubarkeit. Es geht ihm aber nicht um Skandalgeschichten oder Effekthascherei, obwohl er mit seinem Buch durchaus auch unterhalten will. Nützel hat sich vielmehr zum Ziel gesetzt, einen breiten Leserkreis über die grundlegenden Probleme unseres Gesundheitssystems aufzuklären. Er stimmt keineswegs in den Chor derjenigen ein, die das deutsche Gesundheitssystem verdammen: Die subjektive Wahrnehmung sei zwar katastrophal, im Vergleich mit den anderen OECD-Staaten hätten wir jedoch „objektiv ein recht ordentliches Gesundheitssystem“ (207). Gleichwohl hört man in Deutschland ein unablässiges Klagen: Da beschweren sich die Ärzte über zu geringe Verdienste, die Krankenkassen über zu geringe Einnahmen bei zunehmenden Ausgaben, die Patienten beklagen mangelnde Versorgung und steigende Kassenbeiträge. Nützel zeigt, dass manche dieser Klagen durchaus berechtigt sind, manche wiederum bei näherem Hinsehen eindeutig egoistische Gruppeninteressen bemänteln. Gleichzeitig krankt das System an geradezu kafkaesken Zuständen, die oftmals zum Betrug geradezu einladen. Von der fast undurchschaubaren kassenärztlichen Selbstverwaltung bis hin zur unseligen Rolle der Pharmabranche, die bei Nützel im Gegensatz zu den Ärzten besonders schlecht wegkommt: Das System ist viel zu anfällig für Manipulationen. Es kommt hinzu, dass wir uns – weltweit einzigartig – neben der gesetzlichen Krankenversicherung auch ein abgeschlossenes System privater Krankenversicherungen leisten. Daraus entstehen so manche Reibungsflächen und Absurditäten, von denen Nützel kenntnisreich zu berichten weiß. Wer einen unterhaltsam geschriebenen Überblick über ein sehr intransparentes Politikfeld haben will, ist bei ihm an der richtigen Adresse.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.343 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Nikolaus Nützel: Gesundheitspolitik ohne Rezept. München: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27861-gesundheitspolitik-ohne-rezept_32727, veröffentlicht am 29.07.2008. Buch-Nr.: 32727 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken