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Jörg Rudolph / Frank Drauschke / Alexander Sachse

Hingerichtet in Moskau. Opfer des Stalinismus aus Sachsen 1950-1953

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2007 (Schriftenreihe des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen 6); 191 S.; pb., 9,80 €; ISBN 978-3-374-02450-6
Zwischen 1950 und 1953 wurden in Moskau 1.438 Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet, 923 von ihnen waren Deutsche, ein Viertel von ihnen wiederum kam aus Sachsen. Diese aus Sachsen stammenden oder dort zuletzt wohnhaften Opfer stehen im Mittelpunkt dieses Buches, in dem die Ergebnisse eines Forschungsprojektes von Memorial International Moskau, der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und von Facts & Files – Historisches Forschungsinstitut Berlin vertieft werden. Die Autoren erläutern die politischen Begleitumstände der Repressionen, die Zusammenarbeit des neu gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit mit den sowjetischen Behörden und sie stellen die Opfer biografisch vor – es ist das ausdrückliche Anliegen, diesen wieder ein Gesicht zu geben. Zu den Opfern gehörten regimekritische Menschen, die friedlich mit Flugblattaktionen protestierten und daraufhin wegen angeblicher Spionage, Aufbaus einer konterrevolutionären Gruppe und Verbreitung antisowjetischer Literatur verurteilt und hingerichtet wurden. Verhaftet wurden insgesamt auch 82 Mitarbeiter der SAG Wismut, einige hatten öffentlich (auch über den RIAS) gegen die dortigen schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen protestiert. Betroffen waren ferner Angehörige verschiedener Parteien, die die SED kritisiert hatten. So starben in Moskau sogar 53 SED-Mitglieder, außerdem acht Mitglieder der LPD(D), sechs der NDPD und vier der CDU. Eine Verhaftung konnte auch durch einen Kontakt zu einem der Ostbüros der westdeutschen Parteien in Berlin/West ausgelöst werden und erfolgte nachweislich oft nach Denunziationen. Um öffentliches Aufsehen zu vermeiden, wurden die Opfer meist konspirativ verhaftet und ihre Angehörigen in den meisten Fällen erst nach Jahren oder überhaupt nicht informiert. Zu den weiteren Opfern des Sozialismus zählen die Autoren außerdem die wahrscheinlich insgesamt 804 Menschen, die aus dem Westen entführt und verurteilt wurden. Das Buch ist insgesamt gut zusammengestellt, informativ und ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und des Stalinismus.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 | 2.62 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jörg Rudolph / Frank Drauschke / Alexander Sachse: Hingerichtet in Moskau. Leipzig: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28025-hingerichtet-in-moskau_32943, veröffentlicht am 27.03.2008. Buch-Nr.: 32943 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken