Skip to main content
Thomas Riegler

Im Fadenkreuz: Österreich und der Nahostterrorismus 1973 bis 1985

Göttingen: V&R unipress 2011 (Zeitgeschichte im Kontext 3); 520 S.; 61,90 €; ISBN 978-3-89971-672-6
Aufgrund seiner Bedeutung als Drehscheibe der jüdischen Emigration aus Osteuropa befand sich Österreich im Zeitraum von 1973 bis 1985 im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Der Autor analysiert die Motive für das österreichische Engagement bei der Bekämpfung des Terrors im Nahen Osten. Sein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Antiterror-Strategie des österreichischen Bundeskanzlers Bruno Kreisky. Dieser unterstützte die palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) auf dem Weg von einer geächteten Terrorgruppe hin zu einer akzeptierten politischen Kraft. Riegler bedauert, dass sich Kreisky dabei die Feindschaft palästinensischer Extremisten wie der Abu-Nidal-Gruppe, die jegliche Anlehnung Israels kategorisch ablehnte, zuzog. Der Autor beleuchtet die juristische Aufarbeitung der Attentate und den Umgang der österreichischen Sicherheitsorgane mit dem internationalen Terrorismus. Im Zentrum seiner Untersuchung stehen die Ereignisse um das Geiseldrama von Marchegg/Schwedat im Jahr 1973 und die von der Gruppe um den internationalen Terroristen Carlos 1975 durchgeführte OPEC Entführung sowie die späteren Attentate der Abu-Nidal-Gruppe. Riegler verortet Kreiskys Strategie im Bereich der Konfliktprävention. So protegierte dieser schon frühzeitig einen geheimen Dialog zwischen der PLO und der israelischen Friedensbewegung. Darüber hinaus sei Österreich der erste westeuropäische Staat gewesen, der die PLO offiziell anerkannt habe. Der Autor betont, dass Kreisky die Geiselnahmen von 1973 und 1975 friedlich beigelegt und zu keinem Zeitpunkt eine gewaltsame Lösung erwogen habe. Darüber hinaus internationalisierte er den Entscheidungsprozess und erhöhte damit die Überlebenschancen der Geiseln. Riegler vermutet, dass Kreisky durch seine Kontakte zu Jassir Arafat und Muammar al-Gaddafi sicherstellen wollte, dass Österreich vom Terror verschont bleibt. Er bewertet Kreiskys pragmatischen Ansatz im internationalen Kontext als legitim, dennoch sei seine Strategie mit Blick auf die Anschläge der 80er-Jahre letztendlich nicht aufgegangen.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.4 | 2.25 | 4.22 | 4.41 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Thomas Riegler: Im Fadenkreuz: Österreich und der Nahostterrorismus 1973 bis 1985 Göttingen: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33608-im-fadenkreuz-oesterreich-und-der-nahostterrorismus-1973-bis-1985_40237, veröffentlicht am 04.05.2011. Buch-Nr.: 40237 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken