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Naime Çakir

Islamfeindlichkeit. Anatomie eines Feindbildes in Deutschland

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Kultur und soziale Praxis); 272 S.; kart., 27,99 €; ISBN 978-3-8376-2661-2
Diss. Freiburg; Begutachtung: A. Scherr, F. Hamburger. – Die Autorin will „nach möglichen Ursachen einer bestehenden Islamfeindlichkeit […] suchen und einen Beitrag zur systematisch‑theoretischen Islamfeindlichkeitsforschung unter der Fragestellung leisten […], ob Islamfeindlichkeit als eine ‚Erscheinungsform des Rassismus ohne Rassen‘ […] zu verstehen ist“ (8 f.). Hinterfragt werden soll damit die Entstehung einer abwertenden Fremdheitskonstruktion in Deutschland. Dazu werden – nachdem zunächst die vermeintlich umfassende Islamfeindlichkeit in Deutschland beschrieben wird – verschiedene Theorien (Simmel, Schütz, Bauman etc.) über Fremdheitskonstruktionen dargestellt. Anschließend befasst sich die Autorin mit dem Rassismus und konstatiert einen Wandel hin zu „neo‑rassistischen“ Sichtweisen, die auf kulturelle Differenz und Unvereinbarkeit rekurrierten. Diese „Ethnisierung des Fremden“ verlaufe über das Merkmal der religiösen Zugehörigkeit. Dies diene dazu, „das Eigene und das Fremde in fundamentaler herkunfts‑ oder abstammungsorientierter Differenz denken und wahrnehmen zu können“ (149), so Çakir, die also von einer teilweise bewussten Instrumentalisierung durch die autochthone Bevölkerung auszugehen scheint. Im Schlusskapitel wird vorgeschlagen, vom antiislamischen Ethnizismus und vom islambezogenen Ethnizismus zu sprechen. Beide Typen sähen in der Religion die entscheidende Determinante für vermeintlich gruppenspezifische Verhaltensweisen. Der antiislamische Ethnizismus sei dabei durch konstruierte Feindschaft geprägt, wohingegen der islambezogene Ethnizismus lediglich Stereotype konstruiere. Im Anhang stellt die Autorin verschiedene Daten über Muslime in Deutschland dar. Sie entstammen vor allem der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, die 2009 im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz erstellt wurde. Über die Herangehensweise Çakirs lässt sich natürlich trefflich streiten, denn die Dekonstruktion von Ethnisierungsprozessen basiert auf der Annahme, dass Ethnisierung, Kulturalisierung und gruppenbezogene Abwertung weitgehend gesetzte und in der Öffentlichkeit zumeist unhinterfragte Phänomene darstellen. Diesbezüglich sind verschiedene Sichtweisen legitim und für die Argumentation Çakirs ließen sich durchaus Anhaltspunkte anführen. Indiskutabel ist aber, wie viele grammatikalische Fehler die Redaktion des Textes überstanden haben. Das betrifft insbesondere das erste Kapitel. Zudem neigt die Autorin bisweilen zur reinen Nacherzählung von Primärtexten und Studien, ohne dass ein eigenständiger Zusammenhang zur Argumentation hergestellt wird.
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Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Naime Çakir: Islamfeindlichkeit. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38456-islamfeindlichkeit_46145, veröffentlicht am 28.05.2015. Buch-Nr.: 46145 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken