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Hugo Müller-Vogg

Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient! Warum die große Koalition keine großen Ziele verfolgt

Hamburg: Murmann 2014; 170 S.; softc., 17,99 €; ISBN 978-3-86774-375-4
Deutschland komme dem Ideal einer Demokratie sehr nahe, schreibt Hugo Müller‑Vogg. Zumindest wenn man dieses so definiere, dass die Politiker_innen die Erwartungen der Wähler eins zu eins umsetzten. Wirtschaftlich gehe es dem Land gut, dementsprechend hoch seien die Zustimmungswerte zur Merkel‑Regierung. Doch Müller‑Vogg ist trotzdem unzufrieden. Er vermisst reformerischen Ehrgeiz und Gestaltungswillen. Gerade eine große Koalition müsse mehr Zukunftsfragen anpacken. Der Bild‑Kolumnist und ehemalige FAZ‑Mitherausgeber unterstellt den Deutschen eine Sucht nach Konsens und Abscheu vor Parteienstreit. Für eine Mehrheit im Land sei die Große Koalition ein Wohlfühlmodell. „GroKo klingt nach Friede, Freude, Harmonie“ (20). Politikwissenschaftler_innen und Medienvertreter_innen warnten dagegen vor einer die Demokratie gefährdenden übermächtigen Regierung, die eine kleine Opposition gar nicht mehr zu Wort kommen lasse. Der Autor schließt sich dieser Skepsis aber nur bedingt an; das Parlament sei ohnehin in seiner Kontrollfunktion überschätzt und große Koalitionen seien zumindest auf Landesebene keineswegs ungewöhnlich. Mit den Ergebnissen der Regierung ist Müller‑Vogg unzufrieden. Bei der Energiewende herrsche etwa „Planwirtschaft“ (101) und „Symbolpolitik pur“ (102). Da Erzeuger erneuerbarer Energien bevorzugt werden, spricht er von einer Zweiklassengesellschaft. Aufgrund mangelnder Speichermöglichkeiten komme es zu absurden Situationen, in denen der Strom zu Negativpreisen verschenkt werden müsse. Am hohen Strompreis für Verbraucher und Industrie seien Steuern und Umlagen schuld. Die Geschlechterquote betrachtet der Autor lediglich als Symbolpolitik und Planwirtschaft. Wenn Frauen bei der Vergabe von Führungspositionen in Unternehmen bevorzugt würden, dann komme es unweigerlich gleichzeitig zu einer Benachteiligung der Männer, was er für kaum mit dem Grundgesetz vereinbar hält. „Können Frauen, die nie eine entsprechende Führungsfunktion ausgeübt haben, einen Unternehmensvorstand wirklich kontrollieren und beraten?“ (152) Hilfreicher wären vorausschauende Maßnahmen wie etwa Betriebskindergärten, die jungen Müttern eine freiere Karriereplanung ermöglichten, oder eine Erhöhung des Frauenanteils in den MINT‑Studiengängen. Ohne Quellenangaben und in der Analyse und Diskussion wenig in die Tiefe gehend, legt Müller‑Vogg ein Sachbuch für eine breite Leserschaft vor, das er flüssig und anschaulich sowie meist sachlich argumentierend verfasst hat.
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Rubrizierung: 2.3312.3222.3432.342 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Hugo Müller-Vogg: Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient! Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38434-jedes-volk-hat-die-regierung-die-es-verdient_46312, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 46312 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken