Jugendkulturen, Politik und Protest. Vom Widerstand zum Kommerz?
Der Band geht auf eine im September 1998 am Wissenschaftszentrum Berlin veranstaltete Tagung des Arbeitskreises "Soziale Bewegungen" der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft zurück. Mit der Publikation ist keine - wie die Herausgeber betonen - umfassende Bestandsaufnahme des Themas beabsichtigt, die Intention gilt vielmehr einer neuen Akzentuierung in der gegenwärtigen "Debatte über Jugendliche, Politik, Kultur und Protest". Unverkennbar habe der "Mythos Jugend" - mit der der Jugendgeneration eine spezifische Bereitschaft zum innovativen gesellschaftlichen Engagement zugeschrieben wird - in den 90er-Jahren an Glanz verloren. Stattdessen überwiegen heute in der öffentlichen Diskussion Negativbilder, die Jugendliche - in Gestalt von politischem Desinteresse, Konsumfixierung oder auch Rechtsradikalismus - eher zum sozialen Problem erklären (26 f.). Dagegen wollen die Beiträge - nach konzeptionellen Überlegungen (37 ff.) mit Blick auf ausgewählte Subkulturen (99 ff.) und unterschiedliche Formen politischen Protestes (237 ff.) - auf den "Anteil der Erwachsenengeneration an der zum Teil bedrückenden Lage von Jugendlichen" aufmerksam machen (7).
Inhalt: Roland Roth / Dieter Rucht: Jugendliche heute: Hoffnungsträger im Zukunftsloch? (9-34). I. Jugend, Kultur, Politik und Protest: Konzeptionelle und historische Annäherungen: Hartmut M. Griese: "Jugend(sub)kultur(en)": Facetten, Probleme und Diskurse (37-47); Rainer Paris: Schwacher Dissens. Kultureller und politischer Protest (49-62); Titus Simon: Straßenjugendkulturen im Wandel (63-79); Volker Böge: Wie das Unpolitische politisch wird. Jugendbanden in Hamburg-Eimsbüttel in den 40er und 50er Jahren (81-96). II. Gegenentwürfe: Karin Schittenhelm: Dissens, Distinktion und Gegenentwürfe in sozio-kulturellen Milieus junger Frauen (99-118); Dieter Rink: Der Traum ist aus? Hausbesetzer in Leipzig-Connewitz in den 90er Jahren (119-140); Sebastian Haunss: Das Innere sozialer Bewegungen. Strukturelle Konfliktlinien basisdemokratischer Bewegungsorganisationen (141-163); Heiko Geiling: Punk als politische Provokation: Mit den Chaos-Tagen in Hannover zur Politik des 'gesunden Volksempfindens' (165-182); Flemming Mikkelsen / Rene Elley Karpantschof: Hausbesetzungen, Jugend und sozialer Protest. Jugendbewegungen in Dänemark von 1965-1995 (183-209); Markus Mathyl: Hammer und Sichel in der Fahne Hitlers. Das Entstehen einer nationalistischen Gegenkultur im Postperestrojka-Rußland (211-233). III. Abkehr von der Politik? Arnd-Michael Nohl: Von der praktischen Widerständigkeit zum Generationsmilieu: Adoleszenz und Migration in einer Breakdance-Gruppe (237-252); Jean Weinfeld: HipHop - Licht und Schatten einer Jugendkulturbewegung (253-261); Dietmar Loch: Jugendprotest in französischen Vorstädten. Von der Gewalt zur Integration durch Anerkennungskonflikte? (263-281); Dieter Rucht / Roland Roth: Weder Rebellion noch Anpassung: Jugendproteste in der Bundesrepublik 1950-1994 (283-304).