Soziolog. Diss. Bonn; Gutachter: W. Gephart. – Die Max-Weber-Forschung erfreut sich ungebrochener Konjunktur. Das bringt mit sich, dass es gewissermaßen eine Sekundärliteratur zweiter Ordnung gibt, die sich mit den Thesen der Weber-Forschung auseinander setzt. Die Debatte ist zudem von erfreulicher Internationalität geprägt. Ein außereuropäischer Standpunkt prägt auch die Fragestellung der Studie des japanischen Verfassers. Ausgangspunkt ist die Frage, warum Webers Theorie der Politik eigentlich überwiegend im Rahmen des Paradigmas „Max Weber und die Moderne“ dargestellt wird. Noguchi plädiert dagegen für eine Betrachtung der politischen Theorie, die den Fokus auf Webers Verständnis von okzidentaler Kultur legt. Das vorherrschende Paradigma der Weber-Forschung gliedert der Autor in acht einzelne Thesen, die er glaubt, aufgrund seiner Interpretation widerlegen zu können. So schlägt Noguchi vor, die politische Theorie Webers nicht auf Grundlage der Wissenschaftslehre, sondern im Zusammenhang der vergleichenden Kultursoziologie zu verstehen. Webers machtpolitische Theorie und seine Auffassung vom modernen okzidentalen Rationalismus seien nicht im Rahmen einer allgemeinen Differenzierungstheorie, sondern vor dem Hintergrund einer spezifisch okzidentalen Ordnung des Verhältnisses verschiedener Rationalitätsformen zu beschreiben. Die vermeintliche Bejahung der protestantischen Politik bei Weber wird umgedeutet in eine distanzierte Betrachtung des asketischen Protestantismus. Auch die in Teilen der Forschung unterstellte Nähe der Weber’schen Politiktheorie zum Totalitarismus wird zurückgewiesen. Vielmehr ziele Webers politischer Kampfbegriff auf eine Beschränkung der Machtpolitik. Die Arbeit bietet also eine Fülle prägnanter Thesen, die für ein weiteres Anwachsen der Weber-Literatur sorgen dürften.