Wer Schwarzschilds „Der rote Preuße“, Glucksmanns „Meisterdenker“ oder andere Fibeln der antimarxistischen Literatur mit Begeisterung gelesen hat, sollte zu dieser kleinen Studie über die Boshaftigkeit Marxens greifen. Auf kaum einer der knapp hundert Seiten kommt der seit 2004 emeritierte Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und bekannt durch die umstrittene Dissertation „Von Hegel zu Hitler“ ohne eine pejorative Bemerkung aus, während seine Argumentation weitgehend redundant bleibt: Marx sei ein arbeitsscheuer Drückeberger gewesen, der allein am eigenen Wohl interessiert war. Weil ihn Familie und Freunde nicht ausreichend alimentiert hätten, sei er hysterisch dazu übergegangen, „seine konkreten und abstrakten Feinde, ob dies nun ehemalige Freunde, Unternehmer oder das ganze kapitalistische System war, zu vernichten.“ (87) Die wirkliche Lage der Arbeiterklasse sei ihm egal gewesen, die Kapitalismuskritik müsse als bloße Frustbewältigung verstanden werden. Aus diesem Grund lohnt es sich für Kiesewetter dann auch nicht, Marxens „ziemlich abstrakte Abhandlungen“ (31) oder Engels „abstruseste Theorien“ (41) zu lesen; stattdessen zitiert Kieswetter die Hässlichkeiten, die sich die „beiden größten Revolutionäre und Terroristen“ (65) in privaten Briefen mitgeteilt haben und schließt daraus, dass Menschen mit so verächtlichen Urteilen keine guten Theorien entwerfen können. Sachlich richtig an dem Buch ist, dass der Polemiker Marx mit seiner Strukturtheorie des Kapitalismus weniger an der Humanisierung der Lohnarbeit interessiert war, als man ihm bis heute gemeinhin unterstellt. Weshalb man über diesen Umstand moralisch so in Rage gerät, ist kaum zu begreifen.