Der Politikwissenschaftler Körner hat eine empfehlenswerte Marx-Biografie geschrieben, die sich als einführende Lektüre eignet. Fernab aller ideologischen Verbiegungen späterer Zeiten wird Marx als ein eigenwilliger Denker porträtiert, der seine Ideen publizistisch verfolgte, obwohl er damit seine Heimat verlor und nach Zwischenstationen in Paris und Brüssel als Emigrant in London leben musste – ein für das 19. Jahrhundert keineswegs untypisches Schicksal. Marx erscheint als ein unabhängiger Philosoph und als Geistesgröße ganz eigener Provenienz, der allerdings alle, „die nicht auf seiner Linie lagen, mit Hohn und Spott“ (82 f.) überschüttete. Arbeiten konnte er dank der finanziellen Unterstützung seines Freundes Engels (die eigenen Einkünfte blieben immer bescheiden). Engels wiederum war es auch, der als Unternehmer mit Firmensitz in Manchester praxisbezogene Erkenntnisse zum Werk beisteuerte. „Das ‚Kapital’ wurde zum Meisterwerk, weil es ein Schreckensgemälde des Frühkapitalismus im viktorianischen England malt, daran zweifelt heute keiner der Marx-Kritiker“. (131) Körner arbeitet die wichtigsten Gedanken des zu Lebzeiten kaum bekannten Gesellschaftskritikers heraus, eingebettet in ihren zeit- und ideengeschichtlichen Kontext. Diese Biografie bietet damit einen ersten Zugang zu den marxistischen Theorien. „Der Marxismus bot eine einheitliche Theorie der Wirtschaft, Geschichte und Philosophie, die in der Lage schien, alle Aspekte des menschlichen Lebens zu erklären“ (165), erläutert Körner. Das Scheitern des sozialistischen Systems in Osteuropa schließlich ändere aber nichts an der Bedeutung, „die Marx für das Selbstbewusstsein der Arbeiterklasse, als Kritiker der reaktionären Verhältnisse im 19. Jahrhundert und als Analytiker des Kapitalismus hat“ (174).