Skip to main content
Felix Wemheuer (Bearb.)

Mao Zedong

Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2009 (rowohlts monographien); 160 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-499-50704-5
Er gehe nicht davon aus, „dass ‚große Männer’ die Geschichte machen und 'Kaiser' Mao nur mit dem Finger schnippen musste, um das Heer der ‚blauen’ Ameisen in Bewegung zu setzen“ (13), erklärt Wemheuer einleitend in diese Kurzbiografie. Nur wird dieser Ansatz nicht überzeugend umgesetzt, im Gegenteil: Wie in anderen Darstellungen erscheint Mao autokratisch und an sich selbst interessiert. Der auch in anderen Biografien erhobene Hauptvorwurf, mit der Politik des „Großen Sprungs“ eine Hungersnot mit „15 bis 45 Millionen Toten“ (98, der Autor nennt eine Schätzung auf der Grundlage späterer Volkszählungen) ausgelöst zu haben, wird von Wemheuer aufrecht erhalten. Etwas relativierend setzt er allerdings hinzu, dass die Frage, warum Mao trotz der Hungersnot seine Politik fortsetzte, „heute aufgrund des mangelnden Zugangs zu den zentralen Archiven“ (99) nicht zu beantworten ist – als ob eine Antwort von Bedeutung wäre. Der Autor verschließt damit den Blick auf die Möglichkeit, dass Mao rational nicht zu rechtfertigende Entscheidungen traf. Wemheuer erklärt sogar die wohl unbestrittene Tatsache, dass sich Mao sehr junge Frauen als Geliebte zuführen ließ, ganz lapidar: „Laut einer daoistischen Sichtweise verlängert Sex mit jungen Frauen das Leben.“ (80) Kommentiert wird dies vom Autor nur mit dem Hinweis, dass ehemalige Angestellte Maos gegen die Veröffentlichung dieser Informationen protestierten. Überhaupt fällt auf, dass Wemheuer wiederholt Kritik an Mao mit offizieller chinesischer (Partei-)Literatur zu konterkarieren versucht. Bedauerlicherweise fehlt dabei aber eine quellenkritische Einordnung. Und so kann er eben auch nicht die kritische Darstellung in der Mao-Biografie von Jung Chang (siehe Buch-Nr. 28554) entkräften. Die Zurechnung ihres Buches zum „Genre Abrechnungsliteratur enttäuschter Ex-Jünger“ (12) erscheint im Rahmen dieser Kurzbiografie und ohne stichhaltige Gegenbeweise vermessen. Die Gleichbehandlung staatlich zensierter Literatur und kritischer Darstellungen ist denn auch ein gravierendes Manko dieser ansonsten kenntnisreich geschriebenen Biografie, in die der Autor neue Forschungsergebnisse, die sich aus der Öffnung der ehemals sowjetischen Archive ergeben haben, eingearbeitet hat. Seine Ansicht allerdings, es wäre „fairer“, nicht nur die „Menschenrechtsstandards des 21. Jahrhunderts“, sondern „auch Maos eigene Ansprüche und Ziele in die Bewertung mit einzubeziehen“ (135), ist angesichts von mehreren Millionen Toten, die Mao zu verantworten hat, nicht nachvollziehbar.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.1 | 2.68 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Felix Wemheuer (Bearb.): Mao Zedong Reinbek bei Hamburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32041-mao-zedong_38216, veröffentlicht am 04.01.2011. Buch-Nr.: 38216 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken