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Adele Orosz

Mehr Europa oder mehr Spanien? Spaniens Europapolitik unter González und Aznar

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2009; 279 S.; 59,- €; ISBN 978-3-8329-5549-6
Diss. HU Berlin. – Am Beispiel Spaniens geht die Autorin der Frage nach, „welche Faktoren die europapolitischen Ziele und Handlungen der nationalen Regierungen prägen und eine erfolgreiche Interessenverfolgung auf europäischer Ebene begünstigen“ (11). Lange Zeit war die Europapolitik Spaniens quasi Staatspolitik und wurde von allen Parteien ohne Differenzen getragen, was sich in den 90er-Jahren drastisch änderte: Die Strategien und Verbündeten der beiden Ministerpräsidenten – Felipe González von der sozialistischen PSOE und José María Aznar von der konservativen PP – divergierten stark. Zwar waren beide daran interessiert, die nationalen Interessen in der EU zu forcieren und sich als Führungsmacht in Europa zu positionieren. Doch während González eine enge Allianz mit Deutschland und Frankreich schloss, definierte Aznar Spaniens Rolle in Europa und der Welt neu und sah die spanische Führungsposition in der EU nun an der Seite Großbritanniens. Die Beziehungen zum gesamten amerikanischen Kontinent erfuhren eine signifikante Aufwertung, Deutschland sowie Frankreich wurden hingegen zunehmend zum Ziel spanischer Kritik. Nachdem die soziale, politische und ökonomische Modernisierung des Landes mithilfe der EU weitgehend erreicht war, wich dann der „Europaenthusiasmus [...] im Zuge einer natürlichen Emanzipation einer eher pragmatisch nüchternen Kosten-Nutzen-Kalkulation“ (253). Spaniens Politik war zwar seither von einer stärker ökonomisch orientierten Realpolitik bestimmt. Die EU-Mitgliedschaft war dennoch weit mehr als eine reine Kosten-Nutzen-Kalkulation und stark von den Interpretationen der spanischen Geschichte und gesellschaftspolitischen Wahrnehmung der EU geprägt. Daraus schließt die Autorin, dass die Europapolitik generell nicht allein durch rationale Motive bestimmt wird, sondern nur im jeweiligen nationalen politisch-kulturellen Kontext nachvollziehbar ist. Spanien werde künftig nur dann als Protagonist mit wegweisenden Initiativen in der EU auftreten, wenn der Ministerpräsident dies als „Aufgabe von übergeordneter Bedeutung für das Land begreift und entsprechende Akzente setzt“ (256).
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.7 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Adele Orosz: Mehr Europa oder mehr Spanien? Baden-Baden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9129-mehr-europa-oder-mehr-spanien_38946, veröffentlicht am 30.11.2010. Buch-Nr.: 38946 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken