
Michail Gorbatschow und die deutsche Frage. Sowjetische Dokumente 1986-1991. Deutsche Ausgabe hrsg. von Helmut Altrichter, Horst Möller und Jürgen Zarusky, kommentiert von Andreas Hilger. Aus dem Russischen übertragen von Joachim Glaubitz
Der Friedensnobelpreisträger Michail S. Gorbatschow hat maßgeblich zur deutschen Wiedervereinigung beigetragen. Welche Rolle der Generalsekretär der KPdSU genau spielte, welche Gespräche geführt und parteiinternen Entscheidungen in Moskau getroffen wurden, war bisher nur wenig bekannt. Dies gilt insbesondere für die vor 1989 liegende Zeit. Die deutsche Übersetzung der Dokumentensammlung von Galkin und Tschernjajew ändert dies nun. Das Buch bietet Einblick in all jene sowjetischen Dokumente, die die deutsche Frage tangieren. Bereits in den früh geführten Gesprächen zwischen erstens den Politbüromitgliedern untereinander und zweitens Gorbatschow mit westdeutschen Politikern wird deutlich, wie wichtig Moskau die Kooperation mit der Bundesrepublik war und wie ernst die deutsche Frage mit Honecker und den anderen sozialistischen Staatschefs diskutiert wurde. Die Dokumente spiegeln aber auch Gorbatschows realistische Einschätzung (Anfang 1987) über die DDR und andere sozialistische Länder wider: „Es hat sich eine Unmenge von Problemen angesammelt. Es fällt diesen Leuten [den anderen sozialistischen Staatsmännern] in dem Alter schon allein physisch schwer, ihre Aufgaben zu bewältigen.“ (25) Die folgenden Dokumente belegen, wie stark sich Honeckers und Gorbatschows Sichtweisen voneinander entfernten, obgleich anfangs noch der freundschaftliche Ton überwog. Die nachdrückliche Bitte Honeckers, eine Zensur kritischer Presse durchzusetzen, ist nur ein Beispiel von vielen (Dokument Nr. 25). Die umfangreiche Sammlung sowjetischer Dokumente wird in ihrer deutschen Übersetzung durch umfangreiche Fußnoten komplettiert, in denen Andreas Hilger und Jonas Gerwing die Akten historisch einordnen.