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Clemens Knobloch

Moralisierung und Sachzwang. Politische Kommunikation in der Massendemokratie

Duisburg: DISS 1998; 227 S.; 28,- DM; ISBN 3-927388-69-6
Knobloch geht es um die Offenlegung der Eigenlogik politischer Kommunikation. Diese sei in zunehmendem Maße von Moralisierung und Sachzwang bestimmt, und entziehe sich dadurch mehr und mehr genuin politischer Auseinandersetzungsformen: "Entweder verpflichtet die 'Moral' als höchst bewegliche Ressource zu bestimmten Schritten oder der Druck der Verhältnisse läßt keine andere Wahl." (33) Diese These verfolgt Knobloch anhand einer Fülle bunt zusammengewürfelter Beispiele von der Arbeitslosigkeit über das Klon-Schaf Dolly, den Historikerstreit bis zur Debatte um Menschenrechte. Für all diese sehr unterschiedlichen Themen konstatiert er letztlich eine systematische Inszenierung, deren "innere Widersprüche" (37) er freilegen will. Dabei gibt er zu bedenken, daß die Form seines eigenen Textes selbst widersprüchlich sei: "Sie schwankt zwischen rhetorischer und kommunikationswissenschaftlicher Analyse auf der einen, publizistischer Streitschrift auf der anderen Seite." (37) Darüber hinaus weist der Text eine sprachliche Lockerheit auf, die selbst mit seiner polemischen Intention nicht zusammenpaßt. Hinsichtlich des nicht spannungsfreien Verhältnisses von Politik und Wahrheit, erfährt der Leser, daß diese Tatsache mittlerweile "die Spatzen von den Dächern" (22) pfeifen. In einer Fußnote berichtet Knobloch von einem Witz, den man sich in "Neufünfland" (62) erzähle. Sein Lamento der systematischen Inszenierung treibt Knobloch bis zu absurden Verschwörungstheorien und Behauptungen, wonach er nicht glaube, "daß irgend eine Exekutive in diesem Land wirklich daran interessiert ist, den Drogenhandel einzudämmen oder gar zu unterbinden" (43). Denn dafür sei das Thema "viel zu dankbar" (43). Schlicht unverständlich wird die Argumentation, wenn er schreibt, daß Diktaturen vielleicht sogar mehr öffentliche Zustimmung bräuchten als Demokratien, "denen schon die Bindung an ein an sich legitimes Verfahren des Machtwechsels eine gewisse Unabhängigkeit von den Wechselfällen der öffentlichen Meinung verleiht" (40). Zur Untermauerung dieser Thesen zieht Knobloch eine Reihe von Autoren zu Rate, die er mal ablehnend und mal zustimmend zitiert. In Reihe findet sich Hannah Arendt neben Carl Schmitt und Niklas Luhmann, wobei Knobloch selbst hin und wieder zugibt, daß es sich um eine "sicher leicht verzerrte" (59) Darstellung ihrer Ansätze handelt.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.333 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Clemens Knobloch: Moralisierung und Sachzwang. Duisburg: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8021-moralisierung-und-sachzwang_10616, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10616 Rezension drucken