Nützt es dem Volke, betrogen zu werden? Est-il utile au Peuple d'être trompé? Die Preisfrage der Preußischen Akademie für 1780
„... das gemeine Volk modert immer im Schlamm der Vorurteile dahin“ (XXVIII), schrieb der preußische König Friedrich II. an Voltaire. Das sei keineswegs ein Ausrutscher des Philosophen auf dem Thron gewesen, erläutert Adler in seiner ausführlichen Einleitung. Und so war – angelehnt an Machiavelli und zu belegen durch die im Vorfeld verschiedenen strittigen Versionen der Preisfrage – tatsächlich weniger die Frage, „ob es dem Volk nützlich sei, getäuscht zu werden“, sondern vielmehr, „ob es nützlich sei das Volk zu betrügen“ (XXXVII). Adler erkennt vor dem Hintergrund des historischen und ideengeschichtlichen Kontextes in der Preisfrage, die die Preußische Akademie der Wissenschaften auf Drängen des Königs für das Jahr 1780 ausschrieb, eine durchaus gegenaufklärerische Intention. Entsprechend wurde diese teils bejaht, teils verneint. Die eingereichten Texte dokumentieren in einem breiten Spektrum in anschaulicher Weise, „was Aufklärung als Prozeß war“ (XV). In diesen beiden Teilbänden werden erstmals die 40 noch vorhandenen Quellen (42 Bewerberschriften waren eingegangen) vollständig abgedruckt – „nicht zuletzt auch deshalb, weil das Problem nach wie vor aktuell ist“ (XIV). Die Berliner Akademie wurde für diese Preisfrage aber heftig kritisiert. Mirabeau etwa stellte eine Verbindung her zwischen ihr und der in Preußen herrschenden Zensur, Jean Paul fand für seine Kritik dementsprechend keine Zeitschrift, die diese hätte abdrucken wollen. Der Preis, die obligatorische Goldmedaille im Wert von 50 Dukaten, wurde schließlich geteilt. Die Hälfte erhielt ein Befürworter des Volksbetrugs, die andere ein Gegner.