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Lars Geiges

Occupy in Deutschland. Die Protestbewegung und ihre Akteure

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Studien des Göttinger Instituts für Demokratieforschung 9); 372 S.; 33,99 €; ISBN 978-3-8376-2946-0
Politikwiss. Diss. Göttingen; Begutachtung: S. Salzborn, F. Bartenstein. – Fast vergessen sind mittlerweile die Tage, an denen Occupy‑Wall‑Street‑Aktivisten den New Yorker Zuccotti Park besetzten und damit weltweit zu einem „Referenzpunkt von übergeordneter Bedeutung“ (83) wurden. In zahlreichen Ländern fanden sich Nachahmer, die auf unterschiedlichste Weise die Auswüchse der internationalen Finanzwirtschaft kritisierten, Forderungen nach echter beziehungsweise wahrhafter Demokratie („¡Democracia Real YA!“) stellten oder die ungerechte Verteilung des Reichtums beklagten. Auch in vielen deutschen Städten entstanden im Herbst 2011, zumeist an symbolträchtigen, zentralen Plätzen im Innenstadtbereich, sogenannte Occupy‑Protestcamps, beispielsweise in Kiel, Düsseldorf, Hamburg oder Frankfurt am Main. Die Mehrheit von ihnen löste sich bereits nach wenigen Wochen auf – Occupy Germany verschwand daraufhin in der Bedeutungslosigkeit. Über Ziele, Inhalte und Beweggründe dieser scheinbar kurzlebigen Protestbewegung weiß man bislang nur wenig. Lars Geiges, Politikwissenschaftler am Göttinger Institut für Demokratieforschung, hat im Zeitraum von Dezember 2011 bis Oktober 2012 zahlreiche Interviews mit Occupy‑Aktivisten geführt sowie verschiedene Diskussionsrunden, Vernetzungstreffen und Demonstrationen der deutschen Occupy‑Bewegung begleitet. Anhand dieses umfangreichen Datenmaterials zeichnet Geiges die Entwicklungslinien und Gründungsimpulse der Protestbewegung nach und beleuchtet zugleich auch die gruppeninternen Auseinandersetzungen, ideologischen Differenzen und organisatorischen Schwierigkeiten in den einzelnen Occupy‑Camps. Die eigenen Ideale, wie zum Beispiel die propagierte Basisdemokratie oder die konsensorientierten Entscheidungsverfahren, wurden, so Geiges, schon früh den vermeintlich strukturellen und politischen Notwendigkeiten untergeordnet. Dies war letztlich weniger den widrigen Umständen vor Ort als vielmehr der „Gleichgültigkeit gegenüber der Zielgerichtetheit des eigenen Protests“ (320) geschuldet. Geiges‘ Untersuchungsergebnisse bieten einen gelungenen Einblick in die Denkweisen und Wertevorstellungen deutscher Occupy‑Aktivisten, wenngleich in Bezug auf Zielsetzung und Zusammensetzung der Protestbewegung auch weiterhin noch viele Fragen offen bleiben.
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Rubrizierung: 2.3312.222.64 Empfohlene Zitierweise: Björn Allmendinger, Rezension zu: Lars Geiges: Occupy in Deutschland. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38102-occupy-in-deutschland_46554, veröffentlicht am 19.02.2015. Buch-Nr.: 46554 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken