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Jürgen Bruhn

Okkupierte Welt. Wie der Kapitalismus das Leben bedroht und die Welt zerstört

Hamburg: LAIKA Verlag 2012 (laika diskurs); 128 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-942281-30-0
Welche perfide Zerstörungsdynamik und hausgemachte Perversion der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus innewohnt, stellt Jürgen Bruhn mit dem konsequenten Fokus auf der Frage nach dem cui bono heraus. Seine Untersuchung über den „finanzmarktgetriebenen Turbokapitalismus“ (16) und dessen katastrophale und systematisch von Verantwortung entkoppelten Folgen bleibt daher nahe an den Profiteuren der Maßnahmen, die ein solches System tragen. Angefangen bei den ersten Deregulierungsinitiativen und dem Auftreten von Investmentbanken, Unternehmensjägern und Hedgefonds lässt sich die zunehmende Raffgier und Renditefixierung so als eine immer fortschreitende Beschleunigung der Krisenmechanismen lesen. Katalysatoren dieser Entwicklung lassen sich zuhauf finden, etwa in der New Economy und der durch Analysten viel zu hoch bewerteten Aktien oder in der Verwandlung „hochriskante[r] subprimes in sichere Investments“ (39) zu Beginn der Finanzkrise. Schließlich folgt so jeder Crash-Situation eine neue kapitalistische Landnahme, wie sich nicht zuletzt in der zunehmenden Finanzialisierung und Spekulation auf den Rohstoff- und Lebensmittelmarkt zeigt. Dieser Okkupation stehe ein hilfloser Staat und eine durch „Tittytainment und Psychopharmaka“ (78) abgespeiste Mehrheit der Überflüssigen gegenüber, die dem freien Spiel der „Masters of the Universe“ (65) ausgeliefert sei. Bruhn spricht sich daher für eine umfassende Gegenbewegung der Nachhaltigkeit und Entschleunigung aus, deren Verwirklichung er in einem erstarkenden Dritten Sektor sieht. Im Bereich der Energieversorgung und dem Übergang zu erneuerbaren Energien lasse sich so die Möglichkeit erkennen, dass „eine neue Politik und Organisation der Zivilgesellschaft das Primat über die Managerclique erlang[t]“ (114). Damit erhält Bruhns Streitschrift eine selten konstruktive Pointe und endet mit greifbaren Ideen und Visionen, die nur getrübt sind durch die tendenziell verkürzende Kritik des beschworenen „Kapitalismus ohne Sozialverantwortlichkeit […] ausgelöst durch eine renditegierige Finanzindustrie“ (68). Gerade seine eigene Analyse sollte ihn wissen lassen, dass der Kapitalismus ohne Krise nicht zu haben ist.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 4.43 | 4.45 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Jürgen Bruhn: Okkupierte Welt. Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35629-okkupierte-welt_42998, veröffentlicht am 03.01.2013. Buch-Nr.: 42998 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken