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Martin Sebaldt

Parlamentarismus im Zeitalter der Europäischen Integration. Zur Logik und Dynamik politischer Entscheidungsprozesse im demokratischen Mehrebenensystem der EU

Opladen: Leske + Budrich 2002 (Otto-von-Freising-Vorlesungen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt 21); VIII, 81 S.; brosch., 11,90 €; ISBN 3-8100-3638-2
Das Buch dokumentiert zwei Vorlesungen des Autors zur Logik und Dynamik politischer Entscheidungsprozesse im europäischen Mehrebenensystem. Sebaldt beschäftigt sich dabei insbesondere mit der Frage der Parlamentarisierung dieses Systems. Für ihn ist das Europäische Parlament eine „unterschätzte Institution" (3). Der übliche Blick auf die Ausgestaltung seiner formal-rechtlichen Kompetenzen, die in den letzten zwanzig Jahren erheblich ausgeweitet wurden, ignoriere die darüber hinausgehenden faktischen Einflussmöglichkeiten. Um diese bewerten zu können, müsse man die institutionellen und prozessualen Machtpotenziale berücksichtigen. So habe das Europäische Parlament durch zwei Faktoren ein erhebliches politisches Gewicht erhalten: erstens den hohen Grad an Professionalisierung seiner Mitglieder in Kombination mit einem sehr effizienten Ausschusssystem sowie zweitens eine intensive „kommunikative Vernetzung" (31) mit den anderen Gemeinschaftsorganen. Die zweite Vorlesung ist dem Eurolobbyismus gewidmet. Im Mehrebenensystems der EU könne die lobbyistische Alltagsarbeit nur als „'multi voice'-Lobbying" (59) erfolgreich sein. Bis dato sei die Interessenvermittlung im EU-System jedoch nur mangelhaft reguliert. Sebaldt führt dies darauf zurück, dass das Europäische Parlament und die Kommission unterschiedliche Meinungen über den Nutzen der Kanalisierung lobbyistischer Aktivitäten vertreten. Das Parlament sei zwar zunehmend zum Adressaten von Lobbyisten geworden, Eurolobbyismus bleibe jedoch „im Kern ein exekutivorientiertes Gewerbe" (71). Sebaldt kommt zu dem Ergebnis, dass Parlamentarismus „partiell schon Realität" (75) in der EU ist. Ziel müsse aber die „Schaffung eines angemessenen, praktikablen wie legitimitätsstiftenden, europäischen Parlamentarismus sein" (76), der sich von nationalen Ordnungsmodellen verabschiede. Dies erfordere neben einer Stärkung der Legislativ- sowie der Wahlkompetenzen des Europäischen Parlaments eine klare Kompetenzordnung insgesamt.
Gabriele Abels (GAB)
Prof. Dr., Professur für Innen- und EU-Politik, Universität Tübingen.
Rubrizierung: 3.3 Empfohlene Zitierweise: Gabriele Abels, Rezension zu: Martin Sebaldt: Parlamentarismus im Zeitalter der Europäischen Integration. Opladen: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18293-parlamentarismus-im-zeitalter-der-europaeischen-integration_21171, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21171 Rezension drucken