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Stefan Marschall

Parlamentsreform. Ziele, Akteure, Prozesse

Opladen: Leske + Budrich 1999 (Analysen 67); 252 S.; kart., 19,80 DM; ISBN 3-8100-2275-6
Parlamentsreform bezeichnet die planvolle und gezielte institutionelle Reform (Umgestaltung der Verfahrensweisen und Organisationsstrukturen) als Selbstreform (das Parlament als Hauptakteur und Adressat eigener Handlungen). Marschall benennt in seiner Analyse des Bundestages folgende Frage als zentral für dieses Tätigkeitsfeld: "Wer reformiert was auf welchem Weg?" (10) Hierauf werden Antworten gegeben: In einem deskriptiven historischen Überblick wird aufgezeigt, daß es keine Reformlinie aus einem Guß gegeben hat, sondern eher trial-and-error das Bild parlamentarischer Reformen prägte. Eine differenzierte, analytische Beschreibung der Reformbemühungen in der 13. Legislatur mit Hilfe des Politikzyklus-Analyserasters bietet einen strukturierten Einblick. Die politikwissenschaftliche Bedeutung der Analyse parlamentarischer Strukturen bzw. Verfahrensweisen ergibt sich auch aus der Funktion des Parlaments als "Legitimationsrelais für das Handeln politischer Entscheidungsträger" und damit für das gesamte politische System. Forschungslogisch ist für Marschall eine Festlegung erforderlich: Wie soll die Legitimationsqualität der untersuchten Regelungen (Parlamentsverfahren) beurteilt werden: anhand "objektiver" Maßstäbe? Hierzu ist ein normativer Begriff von "Reform" notwendig. Oder soll mit Hilfe quantitativer (oder qualitativer) Zustimmung z. B. der Bevölkerung zu Entscheidungen des Parlaments die Legitimationsqualität parlamentarischer Verfahren beurteilt werden? Hierzu könnten Wahlbeteiligung oder auch Protestintensität und –ausmaß untersucht werden. Marschall entscheidet sich für den ersten Weg und erarbeitet Leitbilder zur Parlamentsreform anhand von normativen Funktionen, die Parlamenten zugeschrieben werden (Steffani/Thaysen). Anschließend ordnet er einzelne Reformelemente diesen Leitbildern zu. Elemente des zweiten Weges fließen in die Auseinandersetzung mit den Defiziten zwischen aktueller parlamentarischer Praxis des Bundestages und den zuvor entwickelten Leitbildern ein (Gesetzgebungsprozeß und außerparlamentarische Akteure, Stellung einzelner Abgeordneter, Responsivität). So werden zentrale Fragen verdichtet herausgestellt, aber nicht abschließend geklärt, für die der Autor im sechsten Kapitel für einzelne Aspekte Lösungsvorschläge vorstellt. Eine umfangreiche Materialsammlung bildet den Anhang des Buches. Inhaltsübersicht: 2. Parlamentsreformen und Deutscher Bundestag – Vorgeschichte; 3. Parlamentsreform in der 13. Legislaturperiode – Fallbeispiel; 4. Strategie, Taktik oder Konzeptionslosigkeit? – Zielsetzungen; 5. Der Bundestag und seine aktuellen Herausforderungen – Probleme; 6. Was bleibt zu tun? – Reformperspektiven.
Christian Schütze (ChS)
Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.321 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Christian Schütze, Rezension zu: Stefan Marschall: Parlamentsreform. Opladen: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8452-parlamentsreform_11142, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11142 Rezension drucken