Kurz vor der Bundestagswahl 2009 ein Buch zu publizieren, das sich – unter dem Titel einer Alternative zwischen Patt und grundsätzlichem Wechsel – mit dem Zustand unseres Parteiensystems befasst, ist nicht ohne Risiko, weil der politische Verlauf des Jahres die angestellten Überlegungen sehr schnell obsolet hätte werden lassen können. Doch die Beiträge der von Franz Walter geleiteten Arbeitsgruppe für Parteienforschung an der Universität Göttingen sind nicht auf unmittelbare Tagesaktualität ausgerichtet. Ausgangspunkt der Analysen, teils Porträts der im Bundestag vertretenen Parteien, teils Auseinandersetzung mit parteienübergreifenden Fragestellungen, sind zwei Beobachtungen: Zum einen hat das Parteiensystem seit dem Erstarken der Linkspartei die „Eindeutigkeit der vorigen Lagerwahlkämpfe [...] eingebüßt und ein neuer Imperativ der Koalitionsfähigkeit bahnt sich an“ (8). Zum anderen wird die sich darin zeigende Volatilität des Elektorats weniger als Folge zunehmender Individualisierung verstanden, sondern viel eher auf Verunsicherungen und Verängstigungen der bürgerlichen Mitte zurückgeführt. Dazu hat auch der über viele Jahre betriebene Politikstil des Pragmatismus beigetragen, der eine Vielfalt neoliberaler Deregulierungen als Exekution von Sachzwängen ausgab und zugleich substanzielle programmatische Auseinandersetzungen scheute. Das könnte Anbieter populistischer Politik befördern – so die Herausgeber in ihrem Resümee –, aber auch Gegeneliten zum Aufstieg verhelfen, in denen vom Abstieg bedrohte Hochqualifizierte ein Bündnis mit der steigenden Zahl der zum Prekariat gerechneten Verlierer des globalisierten Kapitalismus eingehen.