Das Politikinteresse sinkt, die Sparzwänge steigen. Vor diesem Hintergrund muss sich die politische Bildung heute behaupten und ihren Auftrag einer kritischen Öffentlichkeit plausibel machen. Zu diesem Zweck hat die Landeszentrale für Politische Bildung in Baden-Württemberg einen Sammelband herausgegeben, in dem Bilanz gezogen wird und zugleich neue Wege, Aufgaben und Methoden vorgestellt werden. Da der Mensch der Gegenwart ein ständig Wählender ist (121), müssen sich seinem Wahlakt auch die Angebote der politischen Bildung unterwerfen. Wie erreicht man Profil, Beachtung und Relevanz? Die angestrengte Suche nach neuen Formen kann gelegentlich auch zu didaktischen Extremen oder Extremismen führen, wie Wehner anhand eines Beispiels deutlich macht: In Freiburg hatte man die Seminarteilnehmer in einen Raum "gesperrt" und vor ihnen die Namen von Nazi-Opfern auf der Leinwand ablaufen lassen und dies mit dem Geräusch eines Krematoriumsofen kombiniert (46). Von derartigen Absurditäten abgesehen, bietet der Band eine Vielzahl von Anregungen für die praktische politische Bildungsarbeit und macht zugleich ihre Grenzen deutlich. Inhalt: Siegfried Schiele: Die politische Bildung ist quicklebendig (1-9); Werner Fichter: Von der Bildkartei zum Zauberwürfel. Einblicke in die Werkstätten der Arbeitshilfen (10-25); Michael Wehner: Außenstellen-Aktivitäten: Animation und Aufklärung (26-56); Karl-Ulrich Templ: Politische Bildung online? Neue Medien und politische Bildung (57-75); Klaus Jentzsch: Studienreisen als Möglichkeiten politischer Bildung (76-82); Gottfried Böttger: Die ganze Welt ist eine Bühne. Theater in der politischen Bildung (83-94); Eugen Baacke: Politische Bildung auf dem Lande - ratlos? (95-119); Wolfgang Berger / Siegfried Frech: Wenn die Bildung zum Erlebnis wird - Politische Bildung und Erlebnispädagogik (120-147); Gottfried Böttger u. a.: "Grenzen über Bord!" - Zwei Aktionen am Bodensee (148-177); Angelika Hauser-Hauswirth: Die Baden-Württemberger - Anmerkungen zur landeskundlichen und politischen Bildung im Land (178-189); Christine Herfel: Politische Frauenbildung - Ansätze, Konzepte, Erfahrungen (190-206); Wolfgang Berger: Jugendgemeinderäte - vom Objekt zum Subjekt in der Kommunalpolitik (207-216); Peter Trummer: Begegnung der Kulturen - Rahmenbedingungen und beeinflussende Faktoren deutsch-türkischer Begegnungsarbeit (217-247); Ernst Lüdemann: Cernobyl und die politische Bildung. Erfahrungen der Außenstelle Heidelberg 1991-1996 (248-260); Sabine Keitel: Forum ehemaliges Jugoslawien. Ein Versuch zur Begrenzung des Krieges (261-270); Wolfgang Hesse / Walter R. W. Staufer / Michael Wild: "Gemeinsam sind wir eine starke Truppe" - Begegnungsseminare mit Wehr- und Zivildienstleistenden (271-298); Reinhard Gassmann / Monika Greiner: Freude am Fantasieren, Fragen und Feilen - Von der Dynamik eines Schülerwettbewerbs (299-318); Walter-Siegfried Kircher: Von der "Deutschen Frage" zu "Deutschland und Europa": eine Zeitschrift im Wandel (319-327); Gudrun Moritz: Momentaufnahmen aus der Erwachsenenbildung: Arbeitslosigkeit - Wir fassen "heiße Eisen" an (328-339).