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Sigrid Roßteutscher

Religion, Zivilgesellschaft, Demokratie. Eine international vergleichende Studie zur Natur religiöser Märkte und der demokratischen Rolle religiöser Zivilgesellschaften

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2009 (Studien zur Wahl- und Einstellungsforschung 12); 457 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8329-4232-8
Habilitationsschrift Mannheim. – Roßteutscher präsentiert die Ergebnisse des deutschen Teilprojekts eines europäischen Netzwerks von Forschern, die sich unter Leitung von Jan van Deth mit dem Thema „Citizenship, Involvement, Democracy“ beschäftigen. Der Gegenstand der Betrachtungen ist der Zusammenhang von Religion und Demokratie. Dabei wird Religion in säkularisierten Gesellschaften als Teil der Zivilgesellschaft betrachtet. Zur religiösen Sphäre gehören verschiedene Organisationen – vom konfessionellen Wohlfahrtsverband bis hin zum christlichen Pfadfinderverein. Um die zentrale Frage nach dem Einfluss von Kirche und Religion auf Zivilgesellschaft und Demokratie zu beantworten, wurden Städte und Gemeinden in sechs europäischen Ländern untersucht: neben Deutschland und der Schweiz auch Dänemark, die Niederlande, Schottland und Spanien. Gemäß der hier zugrunde gelegten Rational-Choice-Theorie sind letztlich freie Märkte für die Entstehung von religiösem Pluralismus verantwortlich und tragen so zu mehr Partizipation bei. Die Ergebnisse sprechen jedoch eine andere Sprache: Freie Märkte produzieren keinen religiösen Pluralismus. Der kausale Zusammenhang ist vice versa: Religiöse Vielfalt entwickelt sich nur da, wo die Säkularisierung fortgeschritten ist und wo sich der Staat mit Regulierungen weitgehend zurückhält. In religiös homogenen Gesellschaften verliert die historische Dominanz einer Konfession allerdings auch weiterhin nicht an Wirkung. Die Entstehung religiöser Vielfalt bleibt hier eingeschränkt. Weit mehr Erklärungskraft haben nach Ansicht der Autorin hingegen Aussagen der Organisationstheorie. So hängt die Fähigkeit von Vereinen, Menschen zu rekrutieren und soziales Kapital zu generieren in hohem Maße von spezifischen Organisationsstrukturen ab. Die Konfessionen sind davon nur indirekt betroffen, weshalb sie für das Sozialkapital isoliert betrachtet keine Erklärungskraft haben. Auch wenn sich das religiöse Gefüge insgesamt im Wandel befindet, so das Fazit, entfalten bestehende religiöse Strukturen mit Blick auf Demokratie und Zivilgesellschaft nach wie vor starke Wirkungen.
Daniel Gerstenhauer (DG)
M. A., Sozialwissenschaftler, Doktorand, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.5 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Sigrid Roßteutscher: Religion, Zivilgesellschaft, Demokratie. Baden-Baden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30800-religion-zivilgesellschaft-demokratie_36598, veröffentlicht am 16.06.2009. Buch-Nr.: 36598 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken